Wattenscheid. Dem Tuning-Spezialisten D&W droht die Zahlungsunfähigkeit. Die markante Firmenzentrale an der A40, nackte Brüste und der Film „Manta, Manta” lockten die Szene. Jetzt brachen die Umsätze ein.
Es gibt etliche Unternehmen im Ruhrgebiet mit größerem Umsatz, mit mehr Mitarbeitern und mit populäreren Produkten – aber diese Firma kennt trotzdem jeder: D&W, Händler für Autoteile und Tuning-Zubehör. Die spiegelnde Fassade, ein Kampfjet vor der Tür, von der A40 gut sichtbar. Doch Bekanntheit bedeutet im Falle von D&W nicht gleich Wirtschaftlichkeit. Es läuft ein vorläufiges Insolvenzverfahren.
Was ranken sich nicht alles für Geschichten rund um das Unternehmen. Seit 1973 ist es in Wattenscheid angesiedelt, und mit den Tuning-Teilen kamen auch die Tuning-Freunde an den Dückerweg. Mit ihren aufgemotzten Autos nahmen sie den Parkplatz ein – und blieben auch noch nach Ladenschluss. Es entstand ein Szenetreff, der weit über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus bekannt wurde. Musik aufdrehen, Motor aufheulen lassen, zeigen, was man hat.
1991 fuhr auch Til Schweiger im Film „Manta, Manta” am Dückerweg vor und zementierte damit eines der vielen Ruhrgebiets-Klischees.
Als dann die ersten Straßenrennen hinter der D&W-Zentrale gefahren wurden, schritt die Polizei ein. Am Wochenende ist dort auch heute immer noch ein Tuning-Treffpunkt. „Meist bleibt dabei alles im Rahmen”, sagt Volker Schütte von der Bochumer Polizei.
Hingucker bei D&W waren neben den Autoteilen auch immer schon die (halb-)nackten Frauen, die man dekorativ in deren Nähe platzierte. Auch sie brachten dem D&W-Katalog eine Auflage von 700 000 Exemplaren. Und machten das Wattenscheider Unternehmen zu dem, was man heute gerne Kult nennt. Ein bisschen zu prollig, ein bisschen zu szenig, aber irgendwie nicht unsympathisch.
So kommt es, dass sogar Rechtsanwalt Frank Imberger von einer „Kultmarke” spricht, wenn er die Firma beschreibt, die er retten soll. Er übernimmt die Geschäfte im vorläufigen Insolvenzverfahren. „Wir wollen das Unternehmen fortführen und sanieren, und es gibt Grund zur Zuversicht”, sagt Imberger. Er hat bereits die BMW-Boesner-Gruppe und „Italia Automobili” in Insolvenzverfahren betreut. Und wundert sich immer noch darüber, was D&W auf den 30 000 Quadratmetern und im Internet alles verkauft. Alleine 2,9 Millionen-Rad-Reifen-Kombinationen gebe es, sagt Imberger etwas ungläubig.
Es gelte jetzt klarzumachen, dass D&W weiter liefern könne, um nicht noch größeren Schaden zu erleiden. Spätestens Anfang März will Imberger die Auffanglösung für die „Auto, Sport+Zubehör Handelsgesellschaft mbH & Co. KG” und ihre 55 Mitarbeiter präsentieren.
Schleichend ins Abseits
Fraglich ist, ob sie nicht schleichend vor lauter Kult ins Abseits geraten ist. „Qualitativ und preislich sind andere Tuner der Region einfach besser”, sagt Marco Menz vom Autoclub Opel-Team Bochum. Und auch Jan Siedelmann, ehemals Vorsitzender des inzwischen aufgelösten BMW-Clubs Bochum, hat sich bei D&W zwar immer den Katalog gekauft, aber kein Autoteil. „Es gibt andere Läden und natürlich das Internet”, sagt er.
Insolvenzverwalter Imberger sieht die Gründe für den Umsatzrückgang bei D&W vor allem in den zwischenzeitlich hohen Benzinpreisen, dem zurückhaltenden Konsum – und der starken Konkurrenz: „Es gibt einen hohen Preisdruck. Auch durch das Internet.”
Nach Nokia und Opel gehen die schweren Zeiten für Bochum weiter.
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