Es war einmal ein kleiner Mann, dem hatte das Schicksal ein ziemlich tristes Leben beschert.
Ohne Haus, ohne Frau und ohne Kinder musste er sein Dasein stets im Freien fristen. Vollkommen egal, ob die Sonne schien oder der Regen auf ihn prasselte. Und ob er wollte oder nicht: Er musste dabei auch noch immer hübsch lächeln. Seine einzigen Freunde waren diverse Gartengeräte: eine Schubkarre, ein Spaten oder auch eine Gießkanne. Seine Kleidung war bunt und auf dem Kopf trug er eine Zipfelmütze. Sein Name? Hm, Gartenzwerg. Ohne Nachnamen. Einfach nur Gartenzwerg.
So könnte man sie anfangen – eine Geschichte über Gartenzwerge. Und läge damit eigentlich genau richtig. Denn Zwerge kannte man ganz früher nicht als Gartendekoration, sondern vor allem als Märchen- und Sagengestalt. Du selbst kennst doch bestimmt auch die Geschichte von Schneewittchen und den sieben Zwergen, oder?
Der Zwerg hieß Kobold
Gerne nannte man Zwerge damals auch Kobolde, Trolle oder Bergmännchen, denn in der Vorstellung der Menschen lebten diese Gestalten stets in Höhlen und arbeiteten dort meist als Bergleute. Übrigens – warum auch immer – war in diesen Märchen stets von männlichen Zwergen die Rede, weshalb auch heute noch selten Zwergen-Frauen in unseren Gärten stehen. Aber dazu später.
Im 18. Jahrhundert fanden es vor allem Fürsten und Könige besonders schick, sich kleine Figuren in den Park zu stellen. Kleine Rehe, Füchse, Pilze . . . und noch mehr von diesem Kram, der eben ganz wunderbar zu einem Jagdschloss passte. Zwerge gehörten auch dazu, obwohl die damals noch Gnome hießen – und diejenigen, die die Figuren aus Ton herstellten, „Gnömchenmacher” genannt wurden.
Einer von ihnen war Philipp Griebel aus dem thüringischen Ort Gräfenroda. Er soll 1872 den ersten Gartenzwerg entworfen haben. Auch aus Ton. Und weil die Männchen als Gartendeko so gut ankamen, wurden sie so ungefähr ab 1880 in Serie hergestellt und waren von da an nicht mehr nur für Fürsten und Grafen zu haben.
Nachbarn stritten vor Gericht
Dabei ist es jedoch leider nicht geblieben. Im Gegenteil: Unser kleiner Mann sorgte nach und nach für großen Ärger. Denn entweder mochte man ihn – oder nicht. Ganz und gar nicht. Es hat sogar Gerichtsprozesse gegeben, in denen ein Nachbar dem anderen verbieten wollte, Zwerge aufzustellen. Und manchmal hat das sogar geklappt. Es mag sie eben nicht jeder. Vielen sind die Zwerge einfach zu spießig, also viel zu altmodisch und zu hässlich.
Die Zwergen-Hersteller, die ihre Figuren heute übrigens meist aus Kunststoff und nicht mehr aus Ton anfertigen, haben deshalb versucht, modernere Modelle zu entwickeln – und Zwerge mit Handys, Computer oder nacktem Hinterteil entworfen. Selbst weibliche Zwerge werden seit einigen Jahren angeboten. Wirklich umstimmen konnten sie dadurch die Menschen, die Zwerge nicht mögen, nicht – auch wenn der ein oder andere das neue Angebot ganz witzig fand. Viel schlimmer war, dass jene Käufer verärgert waren, die von dem neuen Schnickschnack gar nichts hielten, sondern haben wollten, was sie schon immer mochten: den guten alten Gartenzwerg.
Und deshalb gilt auch hier der Satz: Wenn er nicht gestorben ist, dann steht er da noch heute.
Gesetz der Zwerge
Wenn du glaubst, Gartenzwerg sei Gartenzwerg, dann liegst du falsch. In der Schweiz gibt es einen Verein – die „Internationale Vereinigung zum Schutz der Gartenzwerge” –, der genau festgelegt hat, wie ein richtiger Gartenzwerg aussehen muss: Er ist immer männlich, nicht größer als 68 Zentimeter, hat eine Zipfelmütze und einen Bart. Ab 69 Zentimetern sprechen diese Gartenzwerg-Experten, die der selbst erfundenen Wissenschaft der Nanologie („Nanus” ist Latein und bedeutet Zwerg) nachgehen, von „Gartenfiguren”. Basta.