Xanten. 13 Verletzte beim Römerfest im Archäologischen Park in Xanten. Vier von ihnen mussten reanimiert werden und erlitten schwerste Verbrennungen.

Die Schwüle hatte sich den ganzen Tag über aufgebaut. Hatte Gladiatoren und Legionäre unter ihren Helmen zum Schwitzen gebracht. Und als sich gegen 15.25 Uhr der Blitz über ihnen entlud, da waren sie gewarnt gewesen. „Klappen Sie Ihre Regenschirme ein! Meiden Sie Bäume! Suchen Sie Schutz in den Gebäuden!”. Genau das jedoch taten sie nicht alle im Archäologischen Park von Xanten. 13 Menschen traf der Blitz mit all seiner Kraft, ließ sie zusammenbrechen, verbrannte ihre Haut.

Es sollte ein schöner, ein römischer Tag werden. Mit martialischer Aufmachung, mit kiloschweren Schilden und Helmen, aber eben nicht gefährlich. Ein Spaß für Tausende, ein wahres Römerfest, das größte in Europa. Die Naturgewalt jedoch bricht innerhalb von Minuten über sie herein, und die kleine Gruppe, die sich da nicht an die Anweisung der Veranstalter hält, steht 20 Meter vom Amphitheater entfernt, hat unter den Linden der Allee Schutz gesucht vor dem massiven Regen.

Vier brechen bewusstlos zusammen

Das Krachen des Blitzes ist bis in die hintersten Winkel des Parks zu hören. Vier aus der Gruppe, drei Erwachsene und ein 13-jähriges Mädchen, brechen bewusstlos zusammen. Notärzte und Sanitäter des Malteser Hilfsdienstes entdecken sie unter den Bäumen liegend, beginnen sie zu reanimieren. Ihre Haut ist zu 25 bis 30 Prozent verbrannt.

Eine 41-jährige Frau und ein etwa 50-jähriger Mann werden mit Rettungshubschraubern in Krankenhäuser von Gelsenkirchen und Duisburg geflogen. Das 13-jährige Mädchen fahren Helfer im Rettungswagen ins Weseler Krankenhaus. Medizinisch versorgt wird sie unterwegs von einem Arzt, einem Anästhesisten aus Herzogenrath, der ganz privat auf dem Fest gewesen war und wie so manch anderer die Rolle eines Notarzt übernimmt.

Kinder und Jugendliche stehen unter Schock

Acht der dreizehn Verletzten sind Kinder und Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren. Einige von ihnen hatten ganz nahe bei jener Gruppe gestanden, die von dem Blitz so schwer verletzt worden war, hatten das Unglück direkt mit ansehen müssen. „Die waren zwölf, dreizehn Jahre alt, hatten selbst leichte Brandverletzungen erlitten, standen aber vor allem unter Schock”, berichtet Ernst Granzen, der Einsatzleiter des Xantener Malteser Hilfsdienstes.

„Warum befolgen Menschen nicht Anweisungen?”, räsoniert der Archäologe Ingo Martell am Tag nach dem Unglück. Er habe keinerlei Erklärung dafür. „Kollegen berichteten mir später, die Gruppe habe nah am schützenden Amphitheater gestanden, wo noch genügend Platz gewesen sei. 62 Zentimeter tief ist das Loch, das der Blitz in den Erdboden gerissen hat. Einen zweiten Einschlag bekam eine Mitarbeiterin zu spüren, die im Museumsshop an der Kasse gestanden hatte. Martell: „Wir wissen nicht, wo der Blitz eingeschlagen hat. Vielleicht neben dem Shop. Offenbar wurde er jedoch über eine Stromleitung weitergeleitet. Die Mitarbeiterin spricht jedenfalls von einem leichten Schlag, den sie verspürte”.

Über Lautsprecher vor Gewitter gewarnt

Natürlich ist dieses Gewitter nicht aus heiterem Himmel über das Fest hereingebrochen. Wegen der Warnungen hatten die Mitarbeiter des Parks regelmäßig Wettervorhersagen eingeholt. „Als klar war, dass sich die Front auf uns zu bewegte, haben wir etwa um 15.15 Uhr zum ersten Mal per Lautsprecher davor gewarnt”, so Ingo Martell. Danach begann es erst leicht zu regnen, später wie aus Kübeln. Zehn Minuten später blitzt und donnert es über dem Park.

„Über unseren Funk hatten wir kurz vorher von einem Blitzeinschlag in einen Dachstuhl gehört. Das Haus lag in einem benachbarten Stadtteil. Da wussten wir, gleich ist das Gewitter bei uns”, berichtet Malteser Ernst Granzen.

Mangel an Helfern hatte es tatsächlich nicht gegeben. Die Malteser waren mit 15 Leuten vor Ort, Technisches Hilfswerk mit 20 und ein Sicherheitsdienst mit weiteren 20. Dennoch plant man nun, beim nächsten Römerfest mehr Kräfte anzufordern.