Bottrop. Regisseur Carlo Rola verfilmt derzeit das Schicksal der Krupps. Gedreht wird in mehreren Ruhrgebiets-Städten. Die legendäre Essener Villa Hügel stand nicht zur Verfügung. Im Frühjahr kommt der Dreiteiler ins ZDF.

Erzählerisch betrachtet, ist das Schicksal der Familie Krupp eine großartige Geschichte, über Macht und Ohnmacht, Verantwortung und Schuld, gewürzt mit allen Ingredienzien einer guten griechischen Tragödie. „Das deutsche Kino hätte die verdammte Pflicht gehabt, diesen Stoff zu verfilmen”, schimpft Carlo Rola und darf sich gleichzeitig glücklich schätzen, dass bislang noch niemand den Aufstieg der weltweit mächigsten Industriellenfamilie fiktional dokumentieren wollte. Nun also ist Regisseur Rola am Zuge: Im Frühjahr kommt der Dreiteiler „Die Krupps – eine deutsche Familie” ins ZDF.

Nirgendwohin ohne Paul

PR-Termin: Iris Berben (Mitte) und Benjamin Sadler(l.) mit Produzent Oliver Berben (Foto: Jakob Studnar)
PR-Termin: Iris Berben (Mitte) und Benjamin Sadler(l.) mit Produzent Oliver Berben (Foto: Jakob Studnar) © WAZ

Halbzeit bei den Dreharbeiten, ein guter Moment, das Mammutprojekt der Öffentlichkeit vorzustellen. Gearbeitet wird zurzeit im Movie Park Bottrop-Kirchhellen – hinter dem Freizeitpark befindet sich ein Filmproduktionsgelände. Studio 4 ist außen eine leere Aluhalle, innen wähnt man sich in einer anderen Welt: Hier ist Bertha Krupps Zimmer nachgebaut. Mittendrin steht Iris Berben, gepflegt onduliert, in einem dunkelblauen Strickensemble. Neben der Kulisse sitzt Terrier Paul – ohne ihren Hund geht die Schauspielerin wohl nirgendwo hin.

Berben spielt Bertha Krupp, neben Benjamin Sadler als ihr Sohn Alfried die zentrale Rolle des Films. Erzählt werden die Jahre zwischen 1900 und 1967. Da hatte Alfred Krupp bereits 1852 das Eisenbahnrad erfunden. Das zweite große Patent wird 1922 folgen: Die Krupps lassen sich das Warenzeichen „Nirosta” (für nicht-rostenden Stahl) schützen. Zu der Zeit „regiert” Bertha Krupp auf der Villa Hügel – 1902 war sie durch den frühen Tod Friedrich Krupps Alleinerbin geworden.

Die Zukunft der Firma aber soll bei ihrem Sohn Alfried – genannt Alfred – liegen, den sie deswegen getrennt von seinen sieben Geschwistern zu äußerster Härte erzieht. Gattin und Sohn ihres Kronprinzen werden aus dem Haus geekelt, der einsame Alfred stürzt sich in die Firma, die die Waffen für Hitlers Krieg produziert. Berthas Strenge ist auch Iris Berben ins Gesicht geschrieben, die den Charakter der Bertha nicht bewerten will. „Als Schauspielerin muss ich Figuren lieben, auch wenn die menschlich unangenehm sind”, sagt die 58-Jährige. „Ich bin nur ein Transportmittel.”

Schweineschwänzchen aus Rüttenscheid

Die Dreharbeiten. (Foto: Jakob Studnar)
Die Dreharbeiten. (Foto: Jakob Studnar) © WAZ

Mehrere Jahre ihrer Jugend verbrachte Berben bei ihren Großeltern in Rüttenscheid: „Gegenüber war ein Metzger, wo ich immer Schweineschwänzchen für den Steckrübeneintopf holen musste”, erzählt sie. So ist „Krupp” auch eine Reise in die eigene Jugend. „Geradlinigkeit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit” hätten ihr die Großeltern vermittelt; diese Werte finde sie noch heute im Revier.

Elf Millionen Euro kostet der Dreiteiler, 1,3 Millionen davon gibt die Filmstiftung NRW. „Sich an Krupp heranzutrauen, erfordert besonderen Mut”, sagt deren Geschäftsführer Michael Schmid-Ospach, „da sollte man dabei sein.”

Die Außenanlage ist Nordkirchen

Das ZDF verfilmt das Leben der Krupps. (Foto: Jakob Studnar)
Das ZDF verfilmt das Leben der Krupps. (Foto: Jakob Studnar) © WAZ

So wird vorwiegend in NRW gedreht – allerdings nicht in der Villa Hügel. Die für Dreharbeiten zu schließen, sei unmöglich gewesen, verrät Produzent und Iris Berbens Sohn Oliver. Außerdem hätte das Gebäude nicht mehr den Originalzustand. So wird das Schloss Nordkirchen zur Außenanlage Hügel, das Schloss Herdringen bei Arnsberg stellt die Innenräume. Der jeweiligen Zeit entsprechend wird in Bochumer, Dortmunder und Duisburger Stahlwerken gedreht. Für die Szenen aus den 1850er-Jahren dient die Wittener Zeche Nachtigall als Kulisse.

Wenn im Film Familie Krupp 1920 durchs Ruhrgebiet fährt, wurde das in Polen aufgenommen. „Solche Straßenszenen gibt es hier nicht mehr”, erklärt Produktionsleiter Markus Loges. Die ersten Szenenausschnitte jedenfalls versprechen großartiges Kino und, um es mit Hans Janke, dem ZDF-Redaktionsleiter Fernsehspiel, zu sagen, „einen Moment großer Genugtuung”: Diese Geschichte musste einfach erzählt werden.

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