Ruhrgebiet. Bis Ende kommender Woche überprüfen Techniker 61 ICE in den Betriebswerken. Urlauber und Pendler müssen auf langsamere Züge umsteigen und sich vor allem gut informieren.
Urlauber und Pendler müssen sich auch in den nächsten Tagen auf langsamere Verbindungen einstellen, wenn sie mit dem Unternehmen Bahn auf Fernstrecken unterwegs sind. Peu à peu schickt das Unternehmen die 61 ICE nach der Überprüfung wieder auf Reisen, den letzten wohl erst Ende der Woche. 179 ICE älterer Bauart sind aber nicht betroffen und rollen weiter durch die Lande.
Ach, wär' es doch nur das. „Wir modernisieren die Aufzüge im Bahnhof Duisburg Hauptbahnhof”, steht da angeschlagen: „Für die entstehenden Unannehmlichkeiten bitten wir um Verständnis.” Doch am Freitag fiel viel mehr aus als die Lifts in Duisburg, vor allem die Strecke Frankfurt – Duisburg – Amsterdam war betroffen von den Zugausfällen, und mithin tausende Bahnreisende.
Verständnis für Vorsicht der Bahn
Da steht Miriam Wendland aus Melle auf dem Weg nach Millingen, wo sie ihre Mutter besuchen will. „Ziemlich viel Rumrennerei”, sagt die 16-Jährige, bis sie auf dem Bahnhof geklärt hat, wie sie jetzt dorthin kommt ohne ICE. Und für Rolf Koth schiebt sich der Feierabend hinaus: In Ruhrort ist das Büro seines Schifffahrts- und Speditionsunternehmens, doch zuhause ist er in Stuttgart – heute aber erst abends um halb sieben und nicht, wie geplant, um vier. Für die Vorsicht der Bahn haben sie aber Verständnis: „Sicherheit geht vor”, sagt eine 26-jährige Studentin vor dem Bildschirm mit dem Schriftzug „Zug fällt leider aus – Train cancelled”.
Wie lange die einzelnen Linien noch ausfallen, das ist auch im Internet nicht zu erkennen, wo die Bahn einen Download aller stornierten ICE anbietet. Und beim Buchungssystem im Netz konnte man gestern sogar Tickets für ICE reservieren, die längst von der Strecke gestrichen waren. „Wir verwalten 1300 Züge täglich, da ist eine Änderung nicht auf Knopfdruck leistbar”, entgegnet Bahnsprecher Manfred Ziegerath den Kritikern. Folglich: Wer auf Nummer sicher gehen will, ruft am besten die Hotline an (08000 99 66 33).
Rummel um Radsatzwellen
„Die Bahn hätte ihre Kunden früher warnen müssen, dann hätten sie sich besser vorbereiten können”, kritisierte Karl-Peter Naumann, Bundesvorsitzender von „Pro Bahn” im Gespräch mit der WAZ.
Der Hersteller der Radsatzwellen, der Bochumer Verein, versuchte, das Interesse auf einen weiteren Produzenten abzulenken, die Bahntechnik Brand-Erbisdorf in Sachsen. Deren Geschäftsführer weilte derweil aber gerade in Bochum: Beide Unternehmen arbeiten unter einem Dach, wie sich herausstellte.
Wer prüft wen?
Der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann verlangte, es müsse geprüft werden, ob die vorgeschriebenen Wartungsintervalle bei dem ICE eingehalten wurden. Ferner müsse natürlich dem Hinweis nachgegangen werden, dass Fahrgäste vorher auf verdächtige Geräusche hingewiesen haben sollen. Außerdem müsse geprüft werden, sagte Hermann der WAZ, ob die Wartungsintervalle ausreichen. Der Verkehrsausschuss werde dazu Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) befragen. Es müsse auch darüber nachgedacht werden, ob nicht künftig externe Prüfer, beispielsweise vom TÜV, ICE-Züge überwachen sollen.
Die Bahn prüfe sich derzeit mithilfe des Eisenbahn-Bundesamtes selber. Eine Bahnsprecherin bestätigte dies. Der TÜV habe nicht die Kenntnisse für eine Prüfung. Derzeit würden die ICE und ihre Laufwerke regelmäßig nach 240.000 bis 300.000 Kilometern mit Ultraschall geprüft. Nach 1,5 Millionen Kilometern würden alle Radkomponenten überarbeitet.
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