Bochum. An die nicht immer einfachen ersten Tage mit Richard Serra und dem Terminal erinnert sich Kunstförderer Alexander von Berswordt-Wallrabe.
Alexander von Berswordt-Wallrabe (65) hat Richard Serra nach Bochum geholt. Noch heute vertritt er den Künstler in Europa.
Wie war Ihr erstes Treffen mit Richard Serra?
Alexander von Berswordt-Wallrabe: Das war in einem Jazzlokal in New York. Ein schöner Abend. Aber als ich Serra auf eine Zusammenarbeit angesprochen habe, wollte er darüber nicht reden. Er traute damals niemandem, wenn es um seine Kunst ging.
Später hat er Sie aber in Deutschland besucht. Sie haben bei der Vorbereitung der documenta 6 geholfen.
Ich erinnere mich an eine herrliche Szene auf dem Weg zu Manfred Schneckenburger, der in der documenta 6 die These unterstreichen wollte, dass die Skulptur sich von der senkrechten zur horizontalen Ausrichtung entwickelt.
Was war das für eine Szene?
Der Kellner in einer Autobahnraststätte hat Serra aus Versehen Getränke über den Rücken geschüttet. Der hat dann in einem Wutausbruch vier Striche auf einen Bierdeckel gezeichnet und gesagt: Das kommt übrigens auf die documenta. Er hatte schon länger die genauen Abmessungen des Terminals im Kopf. Höhe: Zwölf Meter. . .
Warum ist das Terminal nicht in Kassel geblieben?
Hans Eichel, damals Oberbürgermeister von Kassel, hätte es gerne behalten. Aber sein Kämmerer wollte anstelle der ohnehin lächerlichen 20 000 Mark Honorar für Serra nur völlig inakzeptable 10 000 bezahlen.
Serra hat sich höchstselbst für Bochum ausgesprochen.
Er hat den Platz während der NDR-Dokumentation „Fall aus dem Rahmen” ins Spiel gebracht. Ich habe das für einen Scherz gehalten und gesagt: 'Das ist ein öffentlich-rechtlicher Sender, der eine ungewöhnlich lange Doku über Dich dreht – die kannst Du doch nicht verarschen.' Aber es war ihm ernst damit.
Viele Bochumer haben die Ortswahl nicht verstanden.
Serra war fasziniert davon, wie sehr die Menschen im Ruhrgebiet mit der Stahlproduktion verbunden waren. Dass er sich ernsthafte Gedanken gemacht hat und ganz neu an Kunst im öffentlichen Raum herangegangen ist, hat damals fast keiner begriffen.
Es gab viel Protest.
Die Verhandlungen um den Ankauf waren schon abenteuerlich. Als es aufgebaut war, ging die Hölle erst richtig los. Ich erinnere mich an die „Hallo Ü-Wagen”-Sendung am Terminal vor 3000 bis 5000 Leuten. Ich habe nur gesagt, wie ich heiße, dass ich Serra vertrete, da gab es ein unglaubliches Pfeifen und Buhen.
Was haben Sie da gefühlt?
Zuerst hatte ich Angst, aber die ist schnell in Wut umgekippt. Oft fehlte die Gelegenheit, Serras Kunst zu erklären, weil alles so emotional war. Nach und nach ist durch solche Gespräche die Akzeptanz gewachsen. Richard Serra selbst hat es überrascht und sehr getroffen, dass eine bürgerliche Partei wie die CDU eine massive Hetzkampagne gegen sein Werk fährt.