Essen. Heute gehört der Osterhase zu Ostern wie der Weihnachtsmann zu Weihnachten. Vor 100 Jahren sah das aber noch ganz anders aus...
Schokoladenproduzenten holen riesige Gewinne mit Schokoladenhohlkörpern ein, unzählige Hasenkostüme gehen über die Tische der Kostümverleiher und Kinder durchpflügen ihre kleinen und großen Gärten nach Spuren von Nagetieren. Grund: Es ist Ostern, und ein gewisser Osterhase soll umgehen und Eier verstecken. Das ganze deutschlandweit.
Konkurrenz für den Osterhasen
Das war nicht immer so: In den 1930er Jahren war der Osterhase nicht der einzige, der in Deutschland die Eier brachte. Im Süden Westfalens waren es Kraniche, die die Kinder mit bunten Eiern versorgten. Auch der Fuchs und andere tierischen Eierboten machten dem Hasen Konkurrenz, berichtet Volkskundlerin Christiane Cantauw vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe aus einer volkskundlichen Umfrage aus der damaligen Zeit.
Seine Geschichte begann wohl bereits im 17. Jahrhundert. Zumindest gäbe es in protestantischen Regionen aus dieser Zeit die ersten Zeugnisse. "Das Bedürfnis des Eierbringens durch eine imaginäre Figur zu erklären, ist zunächst im evangelischen Kontext aufgetaucht." Das Eierbringen sei ein säkularisierter Brauch, eine "Geschenktradition", die aus einem religiösen Kontext in den weltlichen übertragen wurde.
Ursprung aus den katholischen Bräuchen
Ursprünglich sammelten sich zu der Fastenzeit die Eier vermehrt an, denn das Fasten verbot den Konsum der tierischen Produkte. Ein Überschuss entstand, der häufig als "Zinsei" an die Kloster ging und den diese dann auch weitergaben. "An Arme oder Personen, die sozial wichtige Aufgaben übernehmen, wie Hirten", so Cantauw weiter. Dafür seien die Eier häufig auch geweiht worden. Die Protestanten aber hätten das Fasten und die Eierweihe als religiöse Praxis abgelehnt, wollten aber nicht auf den Brauch des Eierverschenkens verzichten - und hätten so eine Möglichkeit suchen müssen, Eier zu verschenken, ohne auf die Kirche zurückgreifen zu müssen. "Sie stellten den Brauch auf völlig neue Füße." Auf Hasenfüße. Vermutlich im 19. Jahrhundert hörte auch die katholische Kirche mit der Eierweihe auf. Die Eier blieben. Mit ihnen auch der Hase.
Germanische Mythologie oder missglücktes Gebäck
Aber warum ausgerechnet ein Hase? Hier gehen die Vermutungen weit auseinander. Manche Quellen sprechen vom Hasen als Fruchtbarkeitssymbol, andere verfolgen die Hasenspuren bis in die geheimnisumwitterte germanische Mythologie, sehen den Hasen als Begleiter einer germanischen Fruchtbarkeitsgöttin. Für andere ist der Hase nur ein mißglücktes Ostergebäck. Wiederum andere meinen, der Nager sei aus den Dreihasenbildern hervorgegangen. Aus Bildern, die die Dreifaltigkeit darstellten.
Auch wenn seine Vergangenheit im Dunkeln liegt, kann man sagen, dass seine Gegenwart bunt aussieht. Aus einer großen Zahl von Konkurrenten konnte der Hase das Eierbring-Monopol Deutschlands an sich reißen und sitzt heute in fast jedem Osterkorb an zentraler Stelle. "Wesentliche Momente" für die erfolgreiche Karriere des Osterhasens waren, so vermutet Alois Döring vom Amt für rheinische Landeskunde, "populäre Kinderbücher und die Schokoindustrie". Durch Werbung verdränge der Hase die anderen Tiere, und so wurden aus den größten Gehilfen des Hasen, wohl auch die größten finanziellen Nutznießer: Lindt, Milka und Co.