Essen. Bei Germany's next Topmodel gab es in Folge zwei so viele exotische Momente wie schon lange nicht mehr: Heidi Klum lässt ihre Kandidatinnen Sie über einem Abgrund baumeln, mit Haien tauchen und mit Kamelen durch den Wüstensand laufen. Ein Kampf gegen die geballte Durchschnittlichkeit der Kandidatinnen.

Eine Kandidatin von Germany's next Topmodel ist durchschnittlich 17 Jahre alt, 1,80 Meter groß und trägt ihre lange Mähne dunkelblond bis hellbraun. So sieht es auch in der diesjährigen GNTM-Staffel aus. In der zweiten Folge wird es sogar eingefleischten Fans und fleißigen Besuchern der ProSieben-Homepage noch nicht gelungen sein, die 20 „Meeedchen“ von Heidi Klum auseinander zu halten.

Erschwerend kommt hinzu, dass sie alle ähnlich heißen: Luisa, Lisa, Linda oder Leonie (fragen Sie mal einen Lehrer, wie sehr sein Berufsstand an diesem Trend zum L verzweifelt). Bei dieser geballten Durchschnittlichkeit wundert es darum nicht, dass die Topmodel-Produzenten gleich in der zweiten Folge, die in Dubai gedreht wurde, alles an nervenaufreibenden Situationen rausgehauen haben, was sich in den Jahren zuvor bewährt hat: Höhe, wilde Tiere, Rankin.

Rankin zur GNTM-Kandidatin: „Du siehst aus wie ein Fisch“

Fotograf Rankin (Heidi Klum: „Mein persönlicher Lieblingsfotograf“) ist bekannt und berüchtigt für seinen dünnen Geduldsfaden und seine uncharmante Art, einem Model dessen Unfähigkeit ins Gesicht zu sagen.

Das zeigte sich auch beim ersten Shooting, bei dem die Hälfte der Kandidatinnen an einem Seil über einem Abgrund baumelnd ihre langen Wallekleider elegant zum flattern bringen sollten, wahlweise durften sie sich dabei auch an einem Metallgestänge festklammern.

Christine aus Essen, die übrigens das Zeug zur Staffel-Zicke hat, wollte unbedingt die Schwebevariante für ihr Foto ausprobieren. Rankins flapsiger Kommentar dazu: „Du siehst aus wie ein Fisch.“ Letztlich war es dann aber nicht Christine, sondern Lisa-Giulia, die direkt nach diesem Shooting nach Hause geschickt wurde. Der Grund: Ihr unentspannter Gesichtsausdruck. Carolin, die ebenfalls als Wackelkandidatin galt, weil sie sich nicht im Gestänge festhalten konnte, durfte hingegen bleiben.

Heidi Klum lässt GNTM-Kandidatinnen mit Haien tauchen

Die andere Gruppe hatte eine ähnlich schwierige Aufgabe zu bewältigen, nur ohne Rankin als zusätzlichen Stressfaktor. Hier mussten die angehenden Supermodels in einem Becken voller Haie und ansonsten ganz anmutiger Fische tauchen. Und dabei natürlich nett aussehen in ihren glitzernden, Fantasiekostümen aus Plastik.

Manche dieser Kleider wirkten gar wie ein Schwimmreifen: Marie jedenfalls kam sogar mit der Hilfe von Tauchern und Gewichten nicht weg von der Wasseroberfläche. Das hätte sich Luise sicherlich auch gewünscht. Als Einzige hatte sie Panik vor der Aufgabe, bekam unter Wasser Angst und über Wasser dann einen Heulkrampf. Doch ihr Foto – ein Wunder – wurde von der Jury sogar als bestes geehrt.

Germany's next Topmodel ist wie Blindfahrt auf der Autobahn

GNTMMerke: Ein schönes Foto hat nichts mit Talent oder Engagement des Models zu tun, ein schlechtes aber mit dem Fehlen dieser Eigenschaften. Und das wird natürlich umgehend mit dem Rausschmiss bestraft. Und warum fragt eigentlich nie jemand danach, ob der Fotograf das Foto verpatzt hat? Vielleicht im richtigen Moment lieber in der Nase gebohrt hat als auf den Auslöser zu drücken? Die Kamera falsch eingestellt hat? Nein, schuld sind immer die Models.

Für die Kandidatinnen, alle blutjung, von acht Jahren TV-Modelsuche auf Perfektsein konditioniert, muss sich die Teilnahme anfühlen wie eine Blindfahrt auf der Autobahn: Wann der Crash kommt, kann man nicht genau wissen, dass er kommt ist aber mehr als wahrscheinlich. Modelmama Heidi predigt Perfektionismus, am Ende verschwindet aber sogar die Gewinnerin (wie ihre Vorgängerinnen) in der Unbekanntheit und wird ein Durchschnittsmodel. Aber besonders zu sein, das können sich die Kandidatinnen eben nicht leisten.

Kandidatin Sophie kann man sich leichter merken als die anderen

Trotzdem hat es eine Kandidatin geschafft, aufzufallen. Die 23-jährige Sophie ist nicht nur älter als ihre Konkurrentinnen, sie hat auch kein typisches Modelgesicht und braucht mit ihrem schwarzen Kurzhaarschnitt sicher keine Angst vor dem Umstyling nächste Woche zu haben. Und etwas unterscheidet sie noch von den anderen: Sie ist lesbisch.

Im Gespräch mit Zimmernachbarin Sabrina (die später gemeinsam mit Michelle von der GNTM-ury rausgewählt wird) erzählt sie, dass sie ihre Freundin vermisst. Sophie jedenfalls ist eine Frau, deren Namen man sich problemlos merken kann.