Berlin. Der Copilot der über Frankreich abgestürzten Germanwings-Maschine hat den Airbus mit 150 Menschen an Bord wohl mit voller Absicht auf Todeskurs gebracht.
Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine haben Ermittler in Frankreich erklärt, dass der Co-Pilot das Flugzeug allem Anschein nach vorsätzlich zum Absturz gebracht hat. Die Auswertung des Stimmenrekorders habe ergeben, dass Andreas Lubitz allein im Cockpit war und den Airbus absichtlich auf Todeskurs lenkte.
Was wir über den Ablauf von Flug 4U9525 am 24. März wissen:
- 10.01 Uhr: Der Airbus A320 der Fluglinie Germanwings startet am Dienstag mit 150 Menschen an Bord im spanischen Barcelona.
- 10.45 Uhr: Die Maschine erreicht die regulären Reiseflughöhe von 38.000 Fuß (11,5 Kilometer).
- 10.46 Uhr: Ohne einen Hinweis an die französische Flugkontrolle oder ein Notsignal geht das Flugzeug in einen schnellen Sinkflug über.
- 10.53 Uhr: Das Flugzeug verschwindet vom französischen Radar und der Kontakt zu den Lotsen bricht um 10.53 Uhr auf einer Höhe von etwa 6000 Fuß (etwa 1,8 Kilometer) ab.
- Das Flugzeug zerschellt in den französischen Alpen bei Seyne-les-Alpes. Eine Explosion gab es nach Angaben der Behörden zuvor nicht.
Wer flog den Airbus?
Am Steuer saß zunächst ein erfahrener Pilot mit mehr als 6000 Stunden Flugerfahrung, größtenteils im Airbus A320. Vor zehn Jahren war er zur Lufthansa gekommen. Kurz nach Erreichen der Reiseflughöhe hat der Pilot offenbar das Cockpit verlassen. Das habe die Auswertung des Stimmenrekorders ergeben, sagte der zuständige Staatsanwalt aus dem französischen Marseille am Donnerstag. Zuvor habe er das Steuer an den Co-Piloten übergeben.
Warum kehrte der Pilot nicht ins Cockpit zurück?
Nach Angaben von Staatsanwalt Robin hat der Co-Pilot aktiv verhindert, dass der Pilot ins Cockpit zurückkehren konnte. Die plausibelste Deutung gehe dahin, dass der Co-Pilot vorsätzlich verhindert habe, dass die Tür geöffnet werde.
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Lufthansa-Chef Carsten Spohr erläuterte, dass es für den Notfall einen Sicherheitsmechanismus in der Kabinentür gebe: Dafür ist von außen ein spezieller Code einzugeben - kommt keine Antwort, öffnet sich die Tür. Der Kollege im Cockpit könne dies aber blockieren. Das war offenbar der Fall. Zuletzt hämmerten Flugkapitän und Crew von außen an die automatisch verriegelte Tür, das sei auf der Aufnahme des Stimmenrekorders zu hören, sagte Staatsanwalt Robin.
Könnte der Co-Pilot den Sinkflug versehentlich ausgelöst haben?
Um den Sinkflug eines Airbus 320 einzuleiten, muss ein Knopf im Cockpit offenbar mehrfach gedreht werden. Ein Versehen sei auszuschließen, sagte Staatsanwalt Brice Robin.
Ermittlungen nach Airbus-Absturz
Was wir nicht wissen:
Wie lang hat der Sinkflug tatsächlich gedauert?
Der Sinkflug hab acht Minuten gedauert, hatte Germanwings-Chef Thomas Winkelmann am Mittwoch angegeben. Am Donnerstag berichteten Medien, dass der Sinkflug 18 Minuten gedauert habe - von 10.30 Uhr bis 10.48 Uhr. Der zweite Flugschreiber ist noch nicht gefunden, er zeichnet die Flugdaten auf und könnte weitere Erklärungen liefern.
In welchem Zustand war der Co-Pilot?
In den ersten 20 Minuten nach dem Start haben sich Pilot und Co-Pilot ganz normal unterhalten. Der französische Staatsanwalt ist sich sicher, dass Andreas Lubitz auch nicht bewusstlos war, als er allein war; aus dem Cockpit sei bis zum Aufprall der Maschine schweres Atmen zu hören gewesen. Mehr war am Donnerstag zunächst nicht bekannt.
Warum hat Andreas Lubitz die Maschine zum Absturz gebracht?
Das Motiv des Co-Piloten war am Donnerstagabend nach Angaben von Behörden und der Lufthansa noch völlig unklar.
(mit dpa)
Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns nach eingehender, kontroverser Diskussion dazu entschlossen, den Co-Piloten mit vollem Namen zu nennen. Die zentrale Frage, die wir uns gemeinsam mit unseren Lesern stellen, war und ist: Wer ist zu einer solchen Tat fähig? Wir hatten und haben abzuwägen zwischen dem Recht der Familie des mutmaßlichen Täters, geschützt zu werden, und dem Recht der Öffentlichkeit, alle relevanten Informationen zu erhalten. In diesem Fall haben wir uns für eine umfassende Veröffentlichung in Wort und Bild entschieden. Angesichts des Ausmaßes der Tragödie sehen wir Andreas Lubitz als eine Person der Zeitgeschichte.