Berlin. Ein Crowdfunding-Projekt gibt Flüchtlingen die Möglichkeit, ohne Zulassungspapiere zu studieren. Nicht wie gewöhnlich im Hörsaal, sondern online.

Studieren in Deutschland - das ist ein Traum von vielen Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen. Doch bis sie die Erlaubnis dafür bekommen, können einige Jahre vergehen. "Grundsätzlich dürfen Asylbewerber studieren, jedoch wird hier immer der Einzelfall geprüft. Neben genügend Deutschkenntnissen müssen sie ihre Identität und den in ihrem Land erreichten Schulabschluss nachweisen", so Christoph Sander, Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Doch da dieser nicht immer mit dem Abitur in Deutschland vergleichbar ist, entstehen für sie oftmals neue Probleme, die sie bewältigen müssen.

Die Aufenthaltserlaubnis erleichtert die Einschreibung an Universitäten.
Die Aufenthaltserlaubnis erleichtert die Einschreibung an Universitäten. © imago stock&people

Doch was ist mit Flüchtlingen, die sich noch mitten im Asylverfahren befinden? "Dies wird in der Praxis von den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Meines Wissens nach bestand in Berlin bis vor kurzem noch ein generelles Studienverbot für Asylbewerber. In anderen Bundesländern hingegen gibt es keine Auflagen, die Asylbewerbern das Studieren generell verbieten", so Sander. Um nun für alle die gleichen Chancen zu schaffen und den Menschen den Wunsch nach sofortiger Bildung ohne Zeitverlust zu verwirklichen, wurde ein Berliner Crowdfunding-Projekt ins Leben gerufen. Unter dem Namen Kiron University können Flüchtlinge, trotzt fehlender Unterlagen und Aufenthaltserlaubnis, online studieren.

Online-Universität sogt für einen schnellen Bildungszugang

Um Flüchtlingen neue Türen zu öffnen und ihnen somit die Möglichkeit zu geben, sich ohne Probleme einzuschreiben und gratis zu studieren, haben 50 Ehrenamtliche die erste Online-Universität für Flüchtlinge in Berlin ins Leben gerufen, finanziert durch Crowdfunding. Für die Immatrikulation sollen die Flüchtlinge keine Papiere benötigen.

Das bildungspolitische Experiment läuft unter dem Namen Kiron Universität. Die Idee dazu hatte der Berliner Student Markus Kreßler. Die Flüchtlingsproblematik habe ihn zum selbstständigen Handeln bewegt. Wie die Kiron Universität auf ihrer Homepage berichtet, wolle man Menschen aus dem tristen Alltag heraushelfen und sie im Bereich Bildung unterstützen. Das Ziel der Crowdfounding-Kampagne liege bei: 1,2 Millionen Euro. Mit dieser Summe solle das Studium der ersten 1000 Flüchtlinge finanziert werden.

Bevor es an den richtigen Campus geht, liegen zwei Jahre Online-Kurse auf dem Plan.
Bevor es an den richtigen Campus geht, liegen zwei Jahre Online-Kurse auf dem Plan. © Walter Buchholz

Pilotsemester startete am 1. Oktober

Studienbeginn des Pilotsemesters war der 1.Oktober 2015. Die Regel-Studienzeit beträgt drei Jahre. Das Studium ist in zwei Jahre Onlinestudium und ein Praxis- Studienjahr an einer der 15 staatlich anerkannten Partneruniversitäten in Deutschland oder im Ausland gegliedert. Mit dabei seien unter anderem die RWTH Aachen und die Hochschule Heilbronn. Um an dem richtigen Campus-Leben im dritten Jahr teilnehmen zu können, müssen die Online-Kurse allerdings erfolgreich abgeschlossen werden. Außerdem müssen die Flüchtlinge neben den benötigten Credits außerdem die noch fehlenden Dokumente vorlegen, um sich vorschriftsmäßig einzuschreiben. Mit diesem System räumt die Kiron Universität den Flüchtlingen genügend Zeit ein, um an ihre Unterlagen zu kommen, parallel aber schon die Chance der Weiterbildung zu nutzen.

Die in dem Online-Studium erworbenen Scheine würden ohne Probleme von den Partneruniversitäten angerechnet werden. Nach Bestehen der Abschlussarbeit erhalte jeder Studierende einen regulär anerkannten Studienabschluss von beiden Unis, so der Erfinder zu Zeit.

An der Kiron Universität können folgende Fachrichtungen studiert werden: Informatik, Ingenieurwissenschaften, Betriebswissenschaften, Architektur und Kulturwissenschaften. Die Fächer werden in Englisch unterrichtet. Die Online-Kurse werden über internationale Plattformen belegt. Darunter befinden sich unter anderem coursera oder openHPI.

Zusatzangebote werden neben dem Studium angeboten

Da die Flüchtlinge gerade zu Beginn auf Hilfe angewiesen sind, bietet das Projekt neben dem Studium unter anderem auch Sprachkurse, psychologische Betreuung und Vorbereitungskurse zu den Vorlesungen an. Wie auf der Webseite berichtet bekommt die Online-Universität Unterstützung bei der alltäglichen Arbeit und Umsetzung von zahlreichen Freiwilligen. Da Integration mit Bildung beginne möchte man die Flüchtlinge von Anfang an unterstützen.

Das Projekt soll den Flüchtlingen eine neue Chance geben

Mit der Online-Universität möchte das Team rund um Kreßler weltweit Millionen von Flüchtlingen den Weg für eine erfolgreich abgeschlossene universitäre Ausbildung ebnen. Es soll ihnen die Chance geben werden, die in ihren Heimatländern auf Grund von verschiedenen Umständen nicht mehr möglich ist.