Ruhrgebiet. . Die Nacht der Industriekultur hat 235.000 Besucher angelockt. Für Extraschicht-Fans war Regen nichts Neues - oft ist das Wetter extraschlecht.

Natürlich hätte man niemanden besseren finden können als Eckhard Kreutzer, um den Rundgang durch die Kokerei Hansa in Dortmund zu eröffnen. „40 Jahre Bergbau, acht mal umgebettet, acht Jahre Kokereisteiger“, so beschreibt der Mann aus Hamm sich selbst: „Ich kenn’ hier jede Schraube.“

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Und dann geht es durch Hansa, von Ofentaschen wird erzählt, Kokskuchenführungswagen und Arbeit bei 85 Grad. Am Ende aber landet die Gruppe in der allertypischsten Industrienatur, wo Künstler im Birkenwäldchen in Ohrensesseln sitzen und vorlesen. Struwwelpeter, Rumpelstilzchen, vieles mehr: „Mythenmenu“ heißt das Programm, und das wäre eigentlich auch kein schlechter Name für die Extraschicht, „Mythenmenu“: Erzählt sie uns doch, wie das Ruhrgebiet war. Und wie es sich wandelt.

Pianisten in Fördertürmen

Extraschicht also, am Samstagabend beginnt sie. Bunte Lichter streicheln Backsteinwände, in Fördertürmen sitzen Pianisten, Feuer steigt auf aus Flammenprojektoren, Menschen tappen über Halden, Gurken explodieren - aber das sollten sie auch, keine Angst. So vieles – und man hat nur acht Stunden.

Es ist jetzt auch schon wieder die 17. Extraschicht, die Nacht der Industriekultur, mit 46 Spielorten in 21 Städten, mit 2000 Künstlern; und mit 200 000 Besuchern wurde gerechnet – trotz des nieseligen Wetters, denn die Fans der Extraschicht sind schlimmeres gewohnt für das letzte Juni-Wochenende, an dem sie immer gefahren wird. Normalerweise ist das Wetter: extraschlecht.

„Das ganze Ruhrgebiet ist eine Wildweststadt.“

Doch jetzt sitzt das Ehepaar Durt („Wie Durst ohne S“) aus Ennepetal im Trockenen, ganz treue Wiedergänger sind die beiden. Durchs halbe Ruhrgebiet sind sie diesmal zu der Kokerei gefahren. „Mein Großvater war Steiger, mein Cousin hat hier gearbeitet“, sagt Klaus-Peter Durt. Ob sie hier bleiben, das weiß er noch nicht, aber er weiß: „Die ganzen Standorte, die kann man ja gar nicht schaffen.“ Und Heide-Marie Durt wirft ein, was schön ist an der Nacht außer den angestrahlten Industriekulissen und den Kunstaktionen: „Wir lernen eigentlich jedes Mal jemanden kennen.“ Glückauf!

So groß ist die Bandbreite der Nacht, dass etwa auf der Zeche Hannover in Bochum Cowboys und Indianer herumlaufen. Manche machen brav die Führung am Malakoffturm, aber mehr sitzen an Lagerfeuern, rücken sich den Kopfschmuck zurecht, hängen Felle auf . . . Und was hat das jetzt mit Industriekultur zu tun, Herr Muthmann? Cowboy Lothar Muthmann von den „Texas Rangers Herten“ beginnt zu erzählen, dass viele deutsche Auswanderer im Industriezeitalter in dieser Cowboy-Welt landeten. Doch als hätte er die Frage gehört, sagt gerade der Countrysänger auf der Bühne: „Das ganze Ruhrgebiet ist eine Wildweststadt.“ Wir müssen weiter. Hüh!

>>> Extraschicht in Zahlen

Die 17. Nacht der Industriekultur ist nach Angaben der Veranstalter ein voller Erfolg gewesen. Rund 235 000 Besucher seien die halbe Nacht in 21 Städten an 46 Spielorten unterwegs gewesen, teilte Ruhr Tourismus am Sonntag mit.

Laut Veranstalter steht auch der Termin für das kommende Jahr schon fest: Die 18. "Extraschicht" soll am 30. Juni 2018 stattfinden. (mit dpa)