Düsseldorf. Die Hausarztpraxen in NRW werden der großen Nachfrage nach Booster-Impfungen nicht nachkommen können. KV Nordrhein: Das ist „nicht machbar“.
Die Nachfrage in den Hausarztpraxen nach einer Booster-Impfung ist bereits groß und nun empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die dritte Impfung auch für alle ab 18 Jahren. „Das ist für die Praxen so nicht machbar“, sagte der Vorsitzende der Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) Frank Bergmann am Donnerstagmittag. „Wir werden nicht alle auf einmal versorgen können.“ Die Immunisierung werde sich „bis ins Frühjahr hinziehen“.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) stellte allein in den Arztpraxen wöchentlich 600.000 Impfungen in Aussicht. 250.000 weitere Impfungen in der Woche könnten die Kommunen anbieten.Bergmann sagte, dass der Impfschutz schneller nachgelassen habe, „als wir alle gehofft haben“. Es mache medizinisch Sinn, zunächst die zu impfen, bei denen der zweite Termin am längsten zurückliegt. Er machte deutlich, dass es sich nicht bloß um eine „Auffrischungsimpfung“ handele, sondern der Impfschutz durch die dritte Spritze auf ein höheres Niveau angehoben werde.
Um die Nachfrage zu bewältigen, werden Hausarztpraxen am Nordrhein auch an Adventssamstagen und -sonntagen Impfungen anbieten. Dabei handelt es sich um so genannte „Walk-In-Angebote“ – ein Termin ist also nicht notwendig. „Das Angebot soll niederschwellig sein“, sagte Frank Bergmann. Welche Praxen teilnehmen, wird die KV ab der kommenden Woche auf ihrer Website veröffentlichen.
Druck auf Praxen nimmt zu – Personal wird beleidigt
Der Druck auf die Praxen sei jetzt bereits massiv und verstärke sich noch durch jene, die noch nicht an der Reihe wären. Es komme immer häufiger vor, dass Menschen das medizinische Personal beschimpft, auf übelste beleidigt und bedroht, wenn ihnen nicht auf der Stelle ein zeitnaher Termin angeboten wird.
„Da werden Grenzen auf eine Art überschritten, das haben wir uns gar nicht vorstellen können“, so Bergmann. „Wir möchten eindringlich darum bitten, dass alle die üblichen Umgangsformen wahren.“ Der stellvertretende KV-Vorsitzende Carsten König berichtete, dass Hausarztpraxen mit nationalsozialistischen Symbolen beschmiert worden seien. „Die Szenarien in den Praxen sind gruselig.“
König sprach sich für eine Bonuszahlung für Medizinische Fachangestellte aus. „Ich finde es mehr als überfällig, dass sich die Landesgesundheitsminister dafür einsetzen.“ Die Leistung, die in den Praxen erbracht werde, sei mehr als beeindruckend. So eine Situation habe er in mehr als 30 Jahren noch nicht erlebt.
Dem Gedanken, ob nicht auch Apotheken beim Impfen mithelfen könnten, erteilte Frank Bergmann eine Absage: „Die Impfung gehört in die Hand des Arztes“, da es sich dabei um einen medizinischen Eingriff mit allen Risiken und Nebenwirkungen handle.
Anteil der Booster-Impfungen in NRW bei rund 6 Prozent
Der Anteil der dreifach Geimpften in NRW liegt Zahlen des Robert-Koch-Instituts zufolge bei 6,1 Prozent. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen sind es demnach 14,6 Prozent, bei den 18 bis 59-Jährigen 3,6 Prozent, bei den Jugendlichen (12 bis 17 Jahre) 0,6 Prozent.
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Am Nordrhein wurden in der vergangenen Woche so viele Injektionen verabreicht, wie seit der Schließung der Impfzentren nicht mehr. Laut einer Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung, liegt der Anteil der Geimpften in Pflegeheimen am Nordrhein bei 90 Prozent. Die KV plant dazu eine Befragung in Heimen, um diese Zahlen zu bestätigen.
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