Tempolimits gelten auch feiertags - die wichtigsten Urteile
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Essen. Autofahrer in Deutschland haben es nicht leicht, Richter an Verkehrsgerichten aber auch nicht. Sie haben es zu tun, mit Autofahrern, die vorgeben, von Hasen überholt worden zu sein und mit Eltern, die ihre Kinder nicht mehr erkennen. Zum Blitzmarathon präsentieren wir die wichtigsten Urteile.
40 km/h über Tempolimit ist nicht mehr fahrlässig
Wer über 40 Stundenkilometer schneller fahre als das Tempolimit erlaubt, der handelt nicht mehr fahrlässig, sondern übertritt die Verkehrsregeln bewusst und vorsätzlich. Das haben die Richter des Oberlandesgerichts Koblenz entschieden.
Ein Autofahrer, der mit 153 km/h geblitzt worden war, wo 100 km/h erlaubt waren, hatte behauptet, nicht auf den Tacho gesehen zu haben und quasi versehentlich zu schnell gefahren zu sein. Die Richter glaubten ihm nicht, er musste die für Vorsatz vorgesehene höhere Strafe akzeptieren. (AZ: 127 E 1 - 34/96)
Tempolimits gelten auch ohne Schilder
Außerorts müssen Geschwindigkeitsbegrenzungen hinter jeder Kreuzung wiederholt werden. Sonst kann derjenige, der auf die Straße einbiegt, nicht wissen, welches Limit hier gilt. Daraus zog ein Autofahrer den Rückschluss, dass ein Fehlen des Schildes bedeute, dass das Tempolimit aufgehoben sei. Er gab Gas - und wurde geblitzt
Seinen Einspruch ließen die Richter am Oberlandesgericht Hamm nicht gelten. Schließlich sei der Verkehrssünder nicht von einer Nebenstraße auf die Hauptstraße abgebogen. Er hätte also durchaus wissen können, welches Tempolimit gelte. (AZ.: 2 Ss OWi 524/01)
Radarfalle anzünden ist keine Brandstiftung
Tempolimits vor Schulen gelten auch feiertags
Tempolimits vor Schulen sollen Kinder schützen und sind deshalb häufig auf Wochentage beschränkt. Diese Logik dachte ein Autofahrer weiter und missachtete die Geschwindigkeitsbegrenzung, als er an Christi Himmelfahrt, einem Donnerstag, an der Schule vorbeifuhr.
Zu Unrecht, wie die Richter des Oberlandesgerichts Brandenburg urteilten: Dieser Interpretationsspielraum stehe dem Autofahrer nicht zu. Der Straßenverkehr, so ihre Begründung, erfordere einfache Regeln, daraus resultierende Unbequemlichkeiten müssten hingenommen werden.(Az: (2 Z) 53 Ss-OWi 103/13 (50/13))
Radarfalle anzünden ist keine Brandstiftung
Ein Autofahrer, der einen Starenkasten anzündet, der ihn wenige Minuten zuvor geblitzt hatte, macht sich nicht der Brandstiftung schuldig. Das hat das Oberlandesgericht Braunschweig entschieden und damit ein Urteil des Amtsgerichts Clausthal-Zellerfeld revidiert.
Nach Ansicht der Revisionsrichter handelt es sich bei bei einer Radarfalle nicht um eine "technische Einrichtung", weshalb es sich nicht um Brandstiftung, sondern lediglich um Sachbeschädigung handeln könne. Eine gute Nachricht für den Angeklagten: Wegen Brandstiftung war er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Das Strafmaß für Sachbeschädigung fällt deutlich niedriger aus. (Az. 1 Ss 6/13)
Wer schleicht, muss auch zahlen
Auch wer zu langsam fährt, wird bestraft
Wer ohne erkennbaren Grund deutlich langsamer fährt als erlaubt und damit den Verkehrsfluss behindert, verstößt gegen die Straßenverkehrsordnung - und riskiert ein Bußgeld.
Die Richter des Amtsgerichts Gernünden verurteilten einen Autofahrer, der auf einer Landstraße 40 km/h statt 100 km/h gefahren war, deswegen zu einer Geldbuße.
Kaputter Tacho ist keine Entschuldigung für Raser
Autofahrer, dessen Tacho während der Fahrt versagen, können sich nicht komplett auf das Geschwindigkeits-Bewusstsein der anderen Verkehrsteilnehmer verlassen, indem sie im Verkehrsfluss "mitschwimmen".
Einem erfahrenen Autofahrer müsste die Geschwindigkeitsübertretung dennoch auffallen, urteilten die Richter. Geklagt hatte ein Autofahrer, der mit 126 Stundenkilometern statt der erlaubten 80 km/h geblitzt worden war.
Wegen Blitzer-Foto vor das Verfassungsgericht
Blitzer-Fotos verletzen keine Persönlichkeitsrechte
Bis vor das Bundesverfassungsgericht hat sich ein Autofahrer geklagt. Sein Anliegen: Das bei einer Geschwindigkeitskontrolle von ihm geschossene Foto verletze seine Privatsphäre.
Ohne Erfolg. Die Richter nahmen seine Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Zwar stelle das ohne seine Zustimmung entstandene Foto einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, doch überwiege in diesem Fall die Sicherheit im Straßenverkehr.
Rasender Hase soll Blitzermessung beeinflusst haben
Höchstens 80 km/h gefahren, erklärte ein Autofahrer vor dem Amtsgericht Lüdinghausen. Da sei plötzlich ein Hase neben seinem Auto aufgetaucht, habe beschleunigt und sei vor seinem Auto über die Straße gerannt. Das müsse die Messung des Radargeräts verfälscht haben.
Die Richter glaubten ihm nicht. Denn einerseits war auf den Bildern von einem Hasen nichts zu sehen, andererseits wurden bislang keine Hasen mit mehr als 70 km/h gesichtet. Der Autofahrer musste zahlen.
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Wer zweimal rast, muss zweimal zahlen
Zweimal geblitzt, zweimal gezahlt
Wer innerhalb einer Minute gleich zweimal geblitzt wird, muss auch zweimal Bußgeld zahlen. Zumindest dann, wenn es sich um Verstöße gegen unterschiedliche Tempolimits handelt. Das entschieden die Richter Oberlandesgerichts Hamm.
Im konkreten Fall war ein Autofahrer erst mit 141 km/h geblitzt worden, wo 100 km/h erlaubt gewesen wären, kurz darauf erwischte ihn eine andere Radarfalle: diesmal mit 97 km/h. Inzwischen galt allerdings ein Tempolimit von 80 km/h. Die Verstöße seien unabhängig, urteilten die Richter, deshalb müsste der Sünder auch zweimal zahlen.
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