Essen. . Westfalenpost-Gespräch mit Chefredakteuer Kläsener: Der Forschungsstandort Südwestfalen war am Samstag Thema beim Ideenpark in Essen. Die Verzahnung von Theorie und Praxis sahen alle Diskutanten in Deutschland und Südwestfalen gut gelöst.

„Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will.“ Dieses Galilei-Zitat hängt im Ideenpark in der Messe Essen. Demnach sind künftig viele Problemlösungen zu erwarten, denn um die Neugier scheint es gut bestellt. Das zeigen die mehr als 20 000 Besucher, die trotz des Sommerwetters täglich kommen. Neugierig sind am Samstagnachmittag auch die Zuhörer in der Gläsernen Redaktion der WAZ-Mediengruppe, als Westfalenpost-Chefredakteur Stefan Hans Kläsener zum Gespräch über den Forschungsstandort Südwestfalen bittet.

„Wir sind hier sicher nicht die Schlechtesten“, beginnt mit selbstbewusst gespielter Bescheidenheit Henning Zoz. Der Wendener Unternehmer hat seinen von einer Brennstoffzelle angetriebenen Roller mitgebracht, um zu demonstrieren, was für ihn die Energietechnik der Zukunft ist: Wasserstoff. Nicht nur als Auto-Antriebstechnik, sondern auch als Speichermedium für die regenerative Energie.

Von Mexiko nach Siegen

Es hängt eben alles zusammen: Der gebürtige Siegener Zoz hat in Mexiko promoviert, wo Prof. Peter Haring Bolivar geboren ist, der heute an der Universität Siegen das Institut für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik leitet und dort an Tetrahertz-Strahlen forscht, die Sprengstoff identifizieren (im Körperscanner) oder Krebs im Frühstadium erkennen. Außerdem ist er Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs und somit ganz besonders daran interessiert, die Technikbegeisterung junger Leute zu fördern.

„Dafür ist der Ideenpark ideal“, sagt Haring Bolivar. „Technik ist nicht mehr so begreifbar wie zur Zeit der Dampfmaschine. Jeder hat ein Smartphone, aber versteht nicht, wie es funktioniert.“ Deshalb müssten zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um die Neugierde aufrechtzuerhalten.

„Die Motivation müssen wir auch bei den Studenten erhalten“, ergänzt Prof. Michael Gerke, der sich begeistert zeigt über das Interesse in Essen - „selbst an einem Expertengespräch wie hier“. Gerke lehrt Prozesssteuerung und Regelungssysteme an der Fernuniversität Hagen, forscht an Flugrobotern, die zur Minenräumung oder Brandbekämpfung eingesetzt werden können. Er weiß auch um die Schwierigkeiten, die viele Ingenieurs-Studenten trotz grundsätzlicher Technikbegeisterung haben, wenn sie sich lange mit theoretischen Grundlagen befassen müssen, ohne Praxisbezug zu sehen. „Aber da verbessert sich jetzt vieles“, ist er optimistisch.

Verzahnung von Theorie und Praxis

Wie fühlt sich der Ideenpark an?

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    Die Verzahnung von Theorie und Praxis sehen alle drei Diskutanten in Deutschland und Südwestfalen gut gelöst: „An den Hochschulen entwickeln wir Perspektiven. Aber wenn es um anwendungsfähige Produkte geht, müssen wir zwangsläufig mit Unternehmen kooperieren“, sagt Gerke. „Das ist für beide Seiten sehr fruchtbar“, betont Haring Bolivar. „Auf der einen Seite entwickeln sich Unis zu Forschungsfirmen, die Know-how verkaufen, auf der anderen Seite erleben wir viele Ausgründungen durch Promovenden. Das ist es, was Deutschland stark macht: starke mittelständische Unternehmen.“ Die „bodenständige“ Uni Siegen arbeite eng mit regionalen Firmen zusammen und fördere das Unternehmertum bei Studenten.

    Henning Zoz, der auf Kooperationen mit 50 Hochschulen zurückblickt, lobt die deutsche Uni-Landschaft und die Förderpolitik, tut aber selbst etwas dafür. Auch langfristig: Im Ideenpark hat er einen Wasserstoff-Roller ausgelobt für denjenigen, der seinen superleichten, superfesten Nano-Werkstoff Zentallium zerbricht. Und zum allgemeinen Erstaunen schafft das ein Zehnjähriger ohne Mühe. „Ein Materialfehler“, weiß Zoz. Letztlich aber auch Werbung für Technik.

    „Wir brauchen in Deutschland ein Klima, dass deutlich technikfreundlicher ist“, bilanziert WP-Chefredakteur Kläsener die Diskussion. Der Ideenpark hilft dabei.