Essen. . Thyssen-Krupp eröffnet in Essen mit dem Ideenpark einen gigantischen Technik-Baukasten. Die Messe lockt zum Start vor allem Eltern mit kleinen Kindern.

„Schreiben Sie“, sagt Michel, „ich habe das Auto der Zukunft zu Schrott gefahren.“ Nun ist Michel erst zehn, und es war bloß ein Simulator, aber tatsächlich ist es so eine Sache mit dieser Zukunft. Und der Technik. Der „Ideenpark“ solle der Jugend die Ängste davor nehmen, hat Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger zur Eröffnung gesagt, aber manchmal könnte man sich als Erwachsener fürchten. Michel nämlich, der rast wie ein Rammbock durch die virtuellen Straßen, nimmt Kurs auf Menschen und Marktstände, schimpft über Langsamfahrer und steigt schließlich schulterzuckend aus: „Ich will ja wissen, womit ich später mal fahre.“

Und genau so soll es ja sein auf dem Ideenpark: dass die Kinder gucken, was „später mal“ sein wird. Und was sie daran, dafür, damit tun können. Dafür haben sie diese Messe gebaut, auf der man die Zukunft anfassen kann und mit ihr spielen – ein einziger großer Technik-Baukasten ist sie geworden. Die Großen staunen Bauklötze, die Kleineren benutzen sie. Auffallend klein sind sie am ersten Wochenende, Forscher in kurzen Hosen, aber groß genug, die entscheidenden Fragen zu stellen: „Was ist das?“ Oder, für Fortgeschrittene: „Wie geht das?“

Expedition in die Nano-Welt beim Ideenpark

So packt Anna einen Stahlkoffer für eine „Expedition in die Nano-Welt“, Taschenlampe, Eimer, Kittel – nur die Pipette kennt sie nicht. „Dann weißt du jetzt was, was sonst noch keiner weiß in deiner Klasse“, sagen sie ihr; so könnte eine Wissenschaftler-Karriere natürlich anfangen. Oder so: An einem Becken, in dem selbst gebaute Schiffchen mit noch heißem Teerbauch zu Wasser gelassen werden, taucht ein kleiner Junge seinen Lolli ein. Ob der schwimmt? Schon eilt ein Helfer herbei, aber Moment: Sind das nicht die Forscher von morgen, die sie hier wollen?

Solche, die mit offenem Mund vor dem Bild eines Ufis stehen (noch unbekanntes Fischobjekt), den Kopf schief legen und den Finger an die Lippen und laut nachdenken: „Ein Tier vielleicht?“ Solche, die mit Zahnspange und grünem Glitzer auf den Fingernägeln den Drei-D-Drucker bedienen, die auf Zehenspitzen die Arme lang machen, um an die Computer-Tastatur zu kommen.

Und dann die Mädchen: die mit einer gewissen Verachtung für den kleinen Bruder das selbst gestanzte Stück Nockenwelle herzeigen, „das ist kein Ring, das ‘n Bauteil von ’nem Auto“. Oder Emilia, die bei den Auto-Designern aus einem braunen Klumpen einen Sportwagen schält. Ist das etwa Schokolade? „Nein, Ton, sonst hätt’ ich’s ja gegessen.“ Natürlich gibt es auch die, die mit verschränkten Armen aus der zweiten Reihe gucken, wie die Strebertypen unter den Jungs irgendwas mit „Halbzeugwerkstoffen“ machen.

Den Weltraum bevölkern

Häufig sind das aber die ganz großen Jungs: die mit karierten Hemden kommen und praktischen Westen und einem Kind, wenn überhaupt, als Alibi. Die sich Flugzeugbau angucken und den „Weltraum“ bevölkern und überall Fotos machen, Plagiatoren? Die aber auch geduldig Sätze lesen über „konfokale Multi-Pinhole-Technologie“ bei den „rotierende Lochblenden ausgefiltert“ werden. Aber wie schön, daneben liegt, was das kann: ein blau-buntes Foto von einem Gecko-Ei, nano-fach vergrößert. Wieso hat die Schale grüne Krater? Solche Fragen machen müde, weshalb es auf der Messe auch diese Szenen gibt: Vater schläft auf schiefer Ebene, Sohn liegt bäuchlings daneben und spielt am Computer.

Außerdem kann der Papa/Opa ja die selbst gebastelte Zukunft tragen. Raketen aus Dosen und Eislöffelchen. Container aus Papier gefaltet. Den „Bürstenfuzzi“, einen Zahnbürsten-Roboter mit Batterie. Oder alles das, was Daniel und Daniela Düsentrieb in den Kreativecken selbst erfunden haben. Da sitzen sie im Halbdunkel, es knallt und zischt von 1001 Experiment in den Hallen, und könnten mit Knete die Ideen umsetzen, die in Wunsch-Wolken von der Decke hängen: die „Kinderzimmer-Aufräum-Maschine“ oder den „Zeitanhalter-Schalter“. Doch darunter hockt die kleine Laura, starrt auf ihre Hände und findet das Erfinden schwierig: „Was ich mir wünsche, kann man nicht sehen.“

Kaugummi mit unendlichem Geschmack

Die Maschine für „Kaugummi-Unendlich-Geschmack“ schon, jedenfalls hängt das Schild gleich über der schnaufenden Maschine, in der ein Junge freudig das Kaugummi sucht. Bloß schade, die Tafel ist Zufall, denn „dat is’ en Dampfmaschin“. Es gibt hier auch Zukunft von gestern. „Interessant“ soll das alles sein, wie Erwachsene eben so reden, die „intelligente Lösungen anbieten“, die Kinder aber finden das „cool“. Und „geil“. Auch das ist die Zukunft, und dann schreiben sie ja diese Zettel an die bunte Pinnwand: „Ideenpark ist toll.“ Und: „Ich hab Spaß.“

Wenn dies also wirklich die Ingenieure von morgen sind, oder sagen wir, von übermorgen, dann müssten sie ein paar Ideen von deren -park eigentlich mitgenommen haben. Was nämlich unbedingt erfunden werden muss: Spezialschuhe für lange Messebesuche. Anti-Vordrängel-Regler. Und der Mama-Komm-Weiter-Schalter. Ach, und für Michel: Fahrsimulatoren mit automatischem Anti-Unfall-Schutz.