Düsseldorf. . Nach Kubickis Erfolg in Schleswig-Holstein soll Christian Lindner die FDP bei der NRW-Landtagswahl weiter in Richtung Erfolg führen. Dem am Wochenende zum Landesvorsitzenden gekürten NRW-Spitzenkandidaten wird viel Vertrauen entgegengebracht, denn erst im Dezember trat er als Generalsekretär zurück.

Es fallen dieser Tage viele Begriffe, wenn von Christian Lindner die Rede ist. Der 33-Jährige wird nicht nur als Hoffnungsträger einer ganzen Partei bezeichnet. Selbst vor Begriffen wie dem „neuen Popstar des Liberalismus“ oder gar dem „liberalen Messias“ wird im nordrhein-westfälischen Wahlkampf nicht zurückgeschreckt. Mit aller Macht klammern sich die Freidemokraten an Rhein und Ruhr an ihren Spitzenkandidaten, der die FDP wieder zurück in die Erfolgsspur führen soll.

Dass Lindner solch ein gewaltiger Vertrauensvorschuss entgegengebracht wird, ist nicht selbstverständlich. Erst im Dezember trat der Politologe aus heiterem Himmel vom Amt des Generalsekretärs zurück. Viele Parteifreunde zeigten sich damals schwer enttäuscht. Hielten sie ihn doch für das größte politische Talent der FDP. Fortan haftete Lindner das Image eines Fahnenflüchtigen an. Einer, der sich aus der Verantwortung stiehlt.

Lindner war jüngster Abgeordneter

Ein Blick in dessen politische Biografie zeigt, dass der Rücktritt der erste Knick in einer schon langen Polit-Karriere war. Seit 1995 ist der gebürtige Wuppertaler FDP-Mitglied. Schon als 19-Jähriger kam Lindner in den NRW-Landesvorstand. Zwei Jahre später, 2000, zog er als bis dato jüngster Abgeordneter der Landesgeschichte in den Düsseldorfer Landtag ein. Zu seinen Förderern zählte vor allem der damalige FDP-Chef in NRW, Jürgen Möllemann.

In der Bundespolitik machte Lindner unter Parteichef Guido Westerwelle Karriere: 2007 wurde er in den FDP-Bundesvorstand gewählt, bei der Bundestagswahl 2009 errang Lindner mit 30 Jahren ein Mandat. Im Dezember 2009 machte Westerwelle ihn zum Generalsekretär.

Unterstützung von Alt-Liberalen

Ortstermin im NRW-Wahlkampf: FDP-Urgestein Gerhart Baum hat in seine Düsseldorfer Anwaltskanzlei zu einer Gesprächsveranstaltung mit Lindner geladen. Noch bevor der 33-Jährige routiniert seine Wahlkampfrede beginnen kann, erteilt der frühere Bundesinnenminister dem Spitzenkandidaten einen liberalen Ritterschlag. „Herr Lindner ist für mich schon seit Langem ein Liberaler, wie er im Buche steht“, sagt Baum. Nur weil Lindner Spitzenkandidat der FDP sei, engagiere er, Baum, sich nach vielen Jahren wieder in Wahlkampfzeiten für die Liberalen.

Ein Einzelfall ist Baum nicht. Auch die graue Eminenz der Liberalen, der Ex-Außenminister und FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher, wirbt offensiv für Lindner. Dem kann soviel prominente Unterstützung nur recht sein. Seiner Partei will er einen neuen Anstrich verpassen und die FDP wieder im Glanze alter Zeiten erstrahlen lassen. Der Schulterschluss mit Baum und Genscher macht den verloren gegangenen FDP-Wählern deutlich: ‘Seht her, unsere liberalen Vorbilder stehen zu mir und ich führe unsere FDP aus der Krise.’

Lindner nimmt Abstand zu den Steuersenkungen

Im Wahlkampf nimmt Lindner deswegen auch Abstand von dem Thema, durch das die FDP in den vergangenen Jahren zur Ein-Themen-Partei geworden ist: den Steuersenkungen. „Die große Priorität muss sein, schnellstmöglich den Staat aus der Abhängigkeit der Finanzmärkte zu befreien“, sagt er und fordert stattdessen einen konsequenten Schuldenabbau. Lindner bezeichnet dies nicht nur als „neues Denken in NRW“, sondern fügt hinzu: „Ja, es ist auch eine Art Selbstkorrektur der FDP“.

Ob Lindners Weg Früchte trägt, wird sich in knapp einer Woche bei der Wahl herausstellen. Sollte der Wiedereinzug in den Landtag gelingen, stehen ihm in der Partei alle Türen offen und selbst Parteichef Philipp Rösler muss um seine Stellung bangen. Scheitern die Liberalen hingegen an der Fünf-Prozent-Hürde, hat es Lindner immerhin versucht. In der FDP sehen ihn sowieso viele Parteifreunde für höhere Aufgaben qualifiziert. (dapd-nrw)