Berlin. . Bei den Liberalen geht es um alles oder nichts. Die Aussichten für ein Überleben im Parlament sind denkbar schlecht, auf um die zwei Prozent wird sie derzeit in Umfragen taxiert. Nun heißt es: Die Lage schön reden. Die Rolle des Chef-Liberalen wird Christian Lindner übernehmen.

Mit 6,7 Prozent hat es die FDP vor knapp zwei Jahren nochmals in den Düsseldorfer Landtag geschafft. Auf um die zwei Prozent wird sie derzeit in Umfragen taxiert. Vor diesem Hintergrund entbehrt das Verhalten der NRW-Liberalen nicht einer gewissen Theatralik: Auf offener Bühne stürzt sich der Held ins Schwert, um aller Welt zu zeigen, wie heilig die Überzeugungen sind.

Entscheidung war „alternativlos“

„Die Begeisterung hält sich natürlich in Grenzen“, heißt es im Berliner Thomas-Dehler-Haus, wo man zu Jahresanfang einer einzigen riskanten Landtagswahl in den nächsten Monaten entgegensah und mittlerweile schon deren drei zu fürchten hat. Andererseits: Was hätten sie tun können in Düsseldorf?

Sie hatten sich dermaßen unnachgiebig auf ihre Forderung nach Abstrichen an der Neuverschuldung im Landeshaushalt festgelegt, dass nur noch zwei Möglichkeiten offenblieben: Entweder eine Landtagswahl „in unglücklicher Ausgangslage“ zu riskieren oder jegliche Glaubwürdigkeit einzubüßen. Die Entscheidung „war alternativlos“, ist aus der Bundeszentrale zu hören.

Umso heftiger blasen sie dort jetzt die Backen auf, um die Zwangslage zum Heldenepos umzudichten. „Es ist für uns eine Riesenchance“, begeistert sich Parteichef Philipp Rösler. Zum zweiten Mal in kurzer Zeit nach dem Husarenritt für Joachim Gauck habe damit die FDP bewiesen, dass sie auch um den Preis hoher Risiken für ihre Überzeugungen eintrete, so sieht es Vogel. Der Haushaltsexperte Otto Fricke betont: „Es ist bemerkenswert, dass man die FDP immer wieder bei der Frage unterschätzt, ob sie bereit ist, für höhere Neuverschuldung ihre Seele zu verkaufen.“

NRW-Wahl umgibt die Aura der kleinen Bundestagswahl

Ein Viertel der Stimmberechtigten in Deutschland ist in NRW ansässig. Seit jeher strahlt eine Wahl zum Düsseldorfer Landtag die Aura einer „kleinen Bundestagswahl“ ab.

Doch eine bundespolitische Dramatik wird die bevorstehende Entscheidung kaum entfalten. Angela Merkels Koalition hat ihren NRW-Schock bereits hinter sich, nämlich die Wahl von 2010, in deren Folge Jürgen Rüttgers sein Amt verlor. Der Verlust der FDP als Regierungspartner und das Ende des schwarz-gelben Modells spätestens 2013 ist im Kalkül der Kanzlerin längst eingepreist.

Um Alles oder Nichts geht es nur für die FDP. Ihr droht der Rauswurf aus drei Landtagen in Saarbrücken, Kiel und Düsseldorf. Ihr Verzweiflungskalkül läuft darauf hinaus, dass statt dessen die Wähler den heldenmütigen Einsatz fürs „Sparen, Sparen, Sparen“, so Döring, doch honorieren. Wie jener Unternehmer im Sauerland. (mit dapd, rtr, afp)