Hannover. . Die niedersächsische SPD legt nach. Sie wirft Bundespräsident Christian Wulff vor, selbst Sponsoren für den umstrittenen „Nord-Süd-Dialog“ angeworben zu haben. Der angeblich private Dialog sei in Wahrheit eine Veranstaltung der damals von Wulff geführten Landesregierung gewesen.

Die Opposition lässt in ihrer Kritik an Bundespräsident Christian Wulff nicht locker. Ein Rücktritt des angeschlagenen Staatsoberhaupts ist aus Sicht von SPD und Grünen unausweichlich. Auch der FDP-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, hält Wulff für untragbar, wenn er vor Gericht verurteilt würde. Die SPD in Niedersachsen legte am Montag mit neuen Vorwürfen gegen Wulff nach.

Der dortige SPD-Fraktionschef Stefan Schostok sieht es als belegt an, dass Wulff in seiner Zeit als Ministerpräsident selbst um Sponsoren für die umstrittene Veranstaltung „Nord-Süd-Dialog“ geworben hat. Dies hätten Firmen wie TUI und die Versicherungsgruppe Talanx eingeräumt, sagte er im Deutschlandfunk.

Damit hat Wulffs damalige Landesregierung das Parlament nach seiner Einschätzung auf SPD-Anfrage nicht vollständig und wahrheitsgemäß unterrichtet und gegen die Landesverfassung verstoßen. Schostok kündigte an, innerhalb von zwei Wochen werde die SPD deswegen vor dem niedersächsischen Staatsgerichtshof klagen.

Wulff sprach von Privatveranstaltung

Der „Nord-Süd-Dialog“ war ein Treffen mit Gästen aus Wirtschaft, Politik und Medien, das 2007 und 2009 in Hannover und 2008 in Stuttgart veranstaltet wurde. Es sollte das Image der Bundesländer Niedersachsen und Baden-Württemberg aufpolieren. Nach Wulffs Angaben handelte es sich dabei um eine „Privatveranstaltung“.

Gegenstand der SPD-Klage sind zudem Berichte, wonach Gäste Kochbücher als Abschiedsgeschenk erhalten haben, die das niedersächsische Landwirtschaftsministerium zuvor für 3.411 Euro erworben hatte. Wulffs damaliger Staatssekretär und heutiger Chef des Bundespräsidialamtes, Lothar Hagebölling, hatte im April 2010 auf eine SPD-Anfrage schriftlich geantwortet, dass es „keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land“ gebe.

Der FDP-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, Kubicki, hält Wulff für nicht länger tragbar, wenn er vor Gericht verliert. „Wenn die Klage der SPD vor dem Staatsgerichtshof erfolgreich sein sollte, muss Wulff zurücktreten“, sagte Kubicki der „Rheinischen Post“. „Ein Bundespräsident, der gegen die Verfassung verstoßen hat, ist nicht mehr zu halten“.

Grüne für Untersuchungsausschuss

Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte, der beste Weg, offene Fragen aus Wulffs Zeit als Ministerpräsident zu klären, wäre ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Niedersachsen. Bundesvorstand und Parteirat seien zudem einhellig der Meinung: „Wir brechen nicht den Stab über den Bundespräsidenten - das muss er schon selber machen.“

Die Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, hatte Wulff am Sonntagabend ganz offen den Rücktritt nahegelegt und gesagt: „Er ist untragbar. Herr Bundespräsident, erlösen Sie uns!“

Kritik an der Kanzlerin

Die SPD kritisierte das Verhalten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Vizechef Klaus Wowereit sagte: „Wir haben der Kanzlerin rechtzeitig angeboten, gemeinsam die Probleme zu lösen. Die Kanzlerin hat dieses Angebot nicht angenommen.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Sonntag in der ARD offen Wulffs Rücktritt gefordert.

Auch der Grünen-Fraktionschef in Landtag von Hannover, Stefan Wenzel, bekräftigt seine Vorwürfe. Ihm gehe es um Aufklärung, erklärte er im ZDF. Zahlreiche offene Fragen seien auch nach Wochen noch unbeantwortet. Wenzel hatte zuvor in einem Interview Wulff als „Lügner“ bezeichnet und ihn zum Rücktritt aufgefordert.

Wulff selbst war am Wochenende in die Offensive gegangen. Das Staatsoberhaupt räumte ein, die Anschuldigungen müssten geklärt werden. Seine Regierung habe im Landtag damals gesagt, in diese Veranstaltung sei kein Geld geflossen. „Sollte jetzt doch Steuergeld geflossen sein, hätten wir dem Parlament nicht die Wahrheit gesagt“, räumte er ein. (dapd)