Oberhausen. .

Jogis Jungs und eine Krake: Das Jahr 2010 stellt Wahrsagern kein gutes Ergebnis aus - ausgenommen dieses wirbellose Meerestier in Oberhausen. Die Krake Paul eroberte die Herzen Vieler und wurde zum Medienstar. Ein preisverdächtiger PR-Coup.

Beim „Wahrsager-Check“ am Ende des Jahres ist bisher kaum ein Zukunftsdeuter gut weggekommen, das ist nun anders. Der Krake Paul ist mit seinen richtigen Tipps für die Fußball-Weltmeisterschaft auch nach Ansicht kritischer Wissenschaftler der „absolute Prognose-Star“. Diese Anerkennung sprach ihm die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) im Dezember aus. Wie jedes Jahr überprüfte der Wuppertaler Mathematiker Michael Kunkel für die GWUP einfach, ob die Voraussagen von Astrologen und Wahrsagern eingetroffen sind.

Der weltweit berühmt gewordene, inzwischen an Altersschwäche gestorbene „Orakelkrake“ Paul aus dem SeaLife Oberhausen war demnach in jedem Fall erfolgreicher als alle menschlichen Astrologen - „was seine „Leistung“ als zufällige Glücksreihe relativiert“, wie die Wissenschaftler vieldeutig meinen. Dem Hype um Paul konnte das letztlich nichts anhaben: Am Ende hatte sogar Leichen-Präparator Gunther von Hagens Interesse an dem achtarmigen Tierchen angemeldet - und der versteht auch was von Vermarktung.

Nobelpreis für Hillary Clinton

Abgesehen von der Fußball-WM, hatten Astrologen für 2010 erstaunliche Visionen: „Air Force One gekidnappt, der Angriff gigantischer Fledermäuse auf eine südamerikanische Stadt oder eine Invasion irgendwelcher Reptilien in El Paso, Texas ? wer hier an Sujets von Hollywood-Filmen denkt, liegt falsch, denn das kanadische Medium Nikki Pezaro hatte all das für das Jahr 2010 vorausgesagt. Daneben hat sie der Welt 2010 auch eine Schiffskollision mit einem Eisberg à la Titanic sowie die Entdeckung des sagenumwobenen Stadt Atlantis und einen Nobelpreis für Hillary Clinton prognostiziert“, berichtet Kunkel.

Ein „apokalyptisches Jahr“ habe die Astrologin Christiane Durer angekündigt mit Naturkatastrophen, einer neuen Krankheit und einer Pandemie. Noch schwärzer sah ihr Kollege Roland Schrank: Für Freitag, den 13. August, erwartete er laut GWUP, dass ein „totaler Crash die Menschheit überrollt“ und schloss „monumentale Explosionen aus dem Erdinneren“ nicht aus. Die Wissenschaftler spotten auch über „die alljährlichen Terrorprognosen des Palmblattdeuters Thomas Ritter, nach denen es im Juli und August 2010 Raketenangriffe auf Flugzeuge in Berlin und Frankfurt hätte geben sollen“.

Keiner sah die Aschewolke voraus

Halbwegs genaue Hinweise auf die Flugausfälle wegen der Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull, das Erdbeben in Haiti oder die monatelang sprudelnde Ölquelle im Golf von Mexiko suche man in den Prognosen der Hellseher, Wahrsager und Astrologen vergebens, bilanziert Kunkel. Er wirft Zukunftsdeutern vor: „Fehlprognosen werden dezent verschwiegen oder geleugnet, während selbst die schwammigsten Nonsensprognosen zu zielgenauen Treffern aufgebauscht werden, indem man diesen einfach reale Ereignisse zuordnet selbst wenn diese nicht zusammenpassen.“ Ein Paradebeispiel dafür liefere die österreichische Astrologin Susanne Eder auf ihrer Webseite. Sie sehe die Vulkankatastrophe von Island und die Ölkatastrophe vor der amerikanischen Küste sowie das Hochwasser im Juni 2010 in Europa als Bestätigung ihrer Vorhersage, die etwas ganz anderes, nämlich „Glaubenskriege sowie extremer Fanatismus, Terroranschläge und andere Extreme“ ankündige.

Auch die Börse wollte sich 2010 nicht nach den Erkenntnissen der Sterndeuter richten“, heißt es bei der GWUP. Weder der von Christiane Durer für den Vormittag des 1. Oktober vorausgesagte Crash noch die von den Astrologen Claude Weiss, Winfried Noé und Henning Schäfer - unabhängig voneinander ? prognostizierten deutlichen Einbußen im Herbst ließen sich an den Aktienmärkten feststellen.

Treffer beim Promi-Orakeln

Die Hochzeitsglocken für Prinz William und Fürst Albert von Monaco hörten Wahrsager schon 2010 (und in den Jahren zuvor) läuten, sind aber erst für 2011 offiziell angekündigt. „Fehlprognosen-Meisterin“ sei auch bei den Prominenten das Medium Nikki Pezaro: „Ob George Clooneys Hochzeit, Sarah Palins Scheidung, eine Entführung in Michael Jacksons Familie oder ein Reitunfall im Umfeld der Queen von England - alles ebenso falsch wie die Veröffentlichung von Nacktfotos diverser Promis (Cher, Sarah Palin, Johnny Depp) in einschlägigen Magazinen“, so die Prognose-Prüfer. Pezaro sagte immerhin aber richtig voraus, dass Golfprofi Tiger Woods sich scheiden ließ.

Für den „Wahrsager-Check“ hat Kunkel nach eigenen Angaben etwa 110 Prognosetexte und Webseiten von über 60 namentlich bekannten Auguren ausgewertet. (dapd)