Hamburg. .

Außenminister Westerwelle sieht einen Beitritt der Türkei in die EU offenbar skeptischer als bislang bekannt. Laut-Wikileaks-Dokumenten habe sich der FDP-Politiker dementsprechend bei seinem Antrittsbesuch in den USA geäußert.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sieht einen Türkei-Beitritt zur EU nach Informationen des „Spiegel“ skeptischer als bislang bekannt. Das geht aus Dokumenten der Enthüllungsplattform Wikileaks hervor, über die das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in einer Vorabmeldung vom Samstag berichtet. Bei seinem Antrittsbesuch in den USA im November 2009 sagte Westerwelle laut Wikileaks zu seiner US-Kollegin Hillary Clinton, die EU könne ein so großes Land nicht integrieren. Wenn Deutschland jetzt über den Beitritt der Türkei entscheiden müsste, wäre die Antwort ein klares Nein. Die Türkei sei nicht modern genug, um zur EU zu gehören. Allerdings stelle sich diese Frage erst in fünf oder sechs Jahren.

Im Auswärtigen Amt hieß es laut „Spiegel“ dazu, die Inhalte der internen US-Berichte würden grundsätzlich nicht kommentiert. Im Übrigen sei die Position Westerwelles klar. Die Beitrittsverhandlungen müssten fair geführt werden, wie es der Türkei zugesagt worden sei. Das Ergebnis des Prozesses sei offen.

Verhandlungen seit 2005

Aus dem US-Bericht könne geschlossen werden, dass diese Haltung taktisch motiviert sein könnte, schrieb der „Spiegel“. Laut den Dokumenten habe Westerwelle in Washington gesagt, die FDP wolle die Tür offenhalten, damit die Türkei einen Anreiz habe, für bessere Strukturen zu arbeiten. Wenn Deutschland jetzt die Tür schlösse, würde das die gesamte innere Situation der Türkei beeinflussen.

Vor gut einem Monat hatte Westerwelle gesagt, eine europäische Perspektive für die Türkei sei der erfolgreichste Weg, um den Reformprozess zu beflügeln. „Wir Europäer sind gefordert, unser Versprechen gegenüber der Türkei einzulösen und faire Verhandlungspartner zu sein“, hatte er gesagt. Die EU verhandelt mit dem Land seit Oktober 2005 über eine Mitgliedschaft. Die deutschen Unionsparteien und die französische Regierung befürworten eine „privilegierte Partnerschaft“. (afp)