London. .

Laut Wikileaks verweigerte der Vatikan die Mitarbeit an einem Bericht zum Kindesmissbrauch. Die Kirche reagierte „sehr verärgert“ über eine Anfrage der Murphy-Kommission zur Aufkärung der Fälle in Irland.

Der Vatikan hat laut Enthüllungen der Internetplattform Wikileaks eine Zusammenarbeit bei der Untersuchung von Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche in Irland verwehrt. Die Anforderung von Informationen über die Missbrauchsfälle durch die sogenannte Murphy-Kommission im vergangenen Jahr habe „viele im Vatikan verärgert“, die in der Anfrage einen „Affront gegen die Souveränität des Vatikan“ gesehen hätten, zitierte die britische Zeitung „The Guardian“ am Samstag aus einer von Wikileaks veröffentlichten Depesche der US-Botschaft in Rom. Der Vatikan störte sich demnach an der Form der Kontaktaufnahme.

„Während die Vatikan-Kontakte sofort tiefes Mitgefühl für die Opfer zum Ausruck brachten und betonten, dass die oberste Priorität das Verhindern einer Wiederholung sei, waren sie auch verärgert, wie die Situation politisch umgesetzt wurde“, führte die US-Diplomatin Julieta Noyes dem Bericht zufolge in ihrer Depesche aus. Demnach hatte die Murphy-Kommission nicht die offiziellen diplomatischen Kanäle genutzt, sondern direkt an den Vatikan geschrieben, um Informationen über den Umgang mit Missbrauchsfällen zu erhalten.

Vertuschung von Vergewaltigungen in Irland

Der Vatikan habe sich auch darüber geärgert, dass die irische Regierung nicht eingeschritten sei, um bei der Murphy-Kommission auf die Nutzung der üblichen Kommunikationswege zu dringen, zitierte der „Guardian“ aus der von Wikileaks veröffentlichten Depesche. Außerdem habe der Eindruck bestanden, dass einige irische Oppositionspolitiker versuchten, aus der Angelegenheit Nutzen zu ziehen, indem sie die Regierung öffentlich aufforderten, vom Vatikan eine Antwort auf die Anfrage der Murphy-Kommission zu verlangen.

Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone schrieb dem Bericht zufolge schließlich an die irische Botschaft und forderte, dass alle weiteren Anfragen über diplomatische Kanäle gestellt würden. Der irische Botschafter im Vatikan, Noel Fahey, sagte der US-Diplomatin Noyes der Depesche zufolge, der Streit um die Murphy-Kommission sei „die schwierigste Krise gewesen, die er je bewältigt“ habe. Letztlich habe Dublin nicht auf die Bereitstellung von Informationen durch den Vatikan gedrungen. Faheys Stellvertreterin Helena Keleher habe allerdings die Einschätzung abgegeben, dass der Vatikan „die Dinge schlimmer gemacht habe, indem er die Anfragen einfach ignoriert hat“.

Der im November 2009 veröffentlichte Murphy-Bericht prangerte an, dass in Irland katholische Würdenträger jahrzehntelang Vergewaltigungen und Misshandlungen von Minderjährigen vertuscht hatten. Insgesamt war von 14.500 Opfern die Rede. Nach der Veröffentlichung des Berichts waren unter anderem auch in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Belgien und in Italien Missbrauchsskandale um katholische Geistliche bekannt geworden. Papst Benedikt XVI. verurteilte die Vergehen wiederholt und traf Missbrauchsopfer.

US-Botschafter soll vor den Bundestagsausschuss

Der US-Botschafter in Deutschland, Philip Murphy, soll einem Zeitungsbericht zufolge am Mittwoch im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages zu den von Wikileaks veröffentlichten Berichten seiner Botschaft Stellung nehmen. Murphy werde auf Einladung der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe vor rund 100 Abgeordneten sprechen, berichtete die „Rheinische Post“ unter Berufung auf Botschaftskreise. Murphy war in die Kritik geraten, nachdem die Internet-Plattform Wikileaks Berichte der Botschaft an die Regierung in Washington veröffentlicht hatte, in denen sich die Amerikaner auch kritisch über deutsche Politiker geäußert hatten. (afp)