Viersen. .

„Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk“ sangen Tocotronic einst und mahnten damit mehr Eigenständigkeit im deutschen Pop an. Die Viersener Band Beat!Beat!Beat! hat sich diesen Rat zu Herzen genommen und ist prompt für die „Eins Live Krone“ nominiert.

Zehn Minuten läuft das Gespräch, da sagt Joshua Gottmanns einen unglaublichen Satz: „Mein Vater hat einen guten Musikgeschmack.“ Gottmanns ist 19, in dem Alter findet man die Musik der Eltern traditionell furchtbar. Hört Papa die Rolling Stones, hört man HipHop, mag Mama Shakira, mag man selbst Slayer. So war es früher. Heute haben viele Teenager anscheinend Frieden gemacht mit der Musik ihrer Eltern. Er habe als Kind alle Radiohead-Platten seines Vaters gehört, Bright Eyes und die Strokes, erzählt Joshua. Vielleicht erklärt das, warum Beat!Beat!Beat! überhaupt nicht nach Schülerband klingen.

Gerade ist das Debütalbum „Lightmares“ erschienen – zehn Songs sind darauf, sie sind schwer auf einen Nenner zu bringen. „Fireworks“ erinnert an den hibbeligen Sound der Foals, „We Are Waves“, die aktuelle Single, rollt entspannt vorbei wie ein Cabrio an der Küste. Der Song wäre auf einem Album von Phoenix nicht fehl am Platz. „Stars“ wiederum, diese herzerweichende Jugendhymne, klingt nach ... ja, wonach eigentlich?

Mit Vergleichen wird man Beat!Beat!Beat! nicht gerecht

Wirklich gerecht wird man Beat!Beat!Beat! mit Vergleichen nicht. „Lightmares“ ist ein eigenständiges Album – im Grunde genommen so eigenständig, wie man es in der trüben deutschen Pop-Szene lange nicht mehr gehört hat. Dass Gottmanns & Co für die „Eins Live Krone“ nominiert wurden, ist nur gerecht. Leicht werden sie es nicht haben. Wahrscheinlich hätten sie größere Chancen, Deutschlands wichtigsten Radiopreis zu gewinnen, wenn sie auf Deutsch singen würden, siehe Juli, Silbermond, Revolverheld und andere.

„Ich weiß nicht, ob wir in diese Liga noch kommen,“ sagt Gottmanns. „Aber wir fühlen uns dieser ,Neuen deutschen Welle’ auch nicht angehörig. Wir werden oft für eine britische Band gehalten. Das schmeichelt uns auch.“ Hat er nie darüber nachgedacht, auf Deutsch zu singen? „Ich weiß, es klingt komisch, weil Deutsch meine Muttersprache ist, aber im Englischen fällt es mir leichter, mich auszudrücken. Wenn ich sage ,I love you’, dann klingt das nicht so kitschig wie ,Ich liebe dich’. Deutsch mutet immer ein bisschen wie Schlager an.“

Die Sprache ist nicht die einzige Verbindung zu Großbritannien. Beat!Beat!Beat! haben einen schottischen Manager, ihre erste EP „Stars“ wurde von Larry Reid von der englischen Gruppe The Cinematics gemastert. Nächstes Jahr werden Gottmanns und seine Bandkollegen erstmals auf der Insel touren. Gut möglich, dass sie im Mutterland des Pop mehr Leute anziehen als zu Hause. Es wäre kein geringes Kompliment.

  • Beat!Beat!Beat!: „Lightmares“, Richard Mohlmann Records/Universal
  • Eins Live Krone, Donnerstag, 2.Dezember, Bochum, Jahrhunderthalle: Hier geht’s zum Voting