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Für die Musikbranche gab es 2009 wenig Grund zur Freude. Und zu dem größten, ambitioniertesten und nicht zuletzt lukrativsten Comeback sollte es gar nicht erst kommen: Am 25. Juni starb Michael Jackson an einer von seinem Leibarzt verabreichten Medikamentendosis.
Eine große Plattenfirma hat ihren Mitarbeitern zu Weihnachten als kleine Aufmerksamkeit warme Decken geschenkt. Die Botschaft könnte sein: Angesichts des weiter einbrechenden Geschäfts im Handel mit Tonträgern wird sich die Branche warm anziehen müssen. Auch 2009 gab es wenig Anlass zur Freude.
Musikalische Sensationen? Fehlanzeige. 40 Jahre nach Woodstock verließ man sich auf Altbewährtes. Robbie Williams beendete mit dem Album «Reality Killed The Video Star» eine dreijährige Veröffentlichungspause. Es ist das letzte Album seines auslaufenden Plattenvertrags mit EMI, den er 2002 für 80 Millionen britische Pfund abgeschlossen hatte. Die größte Überraschung an dem Album ist, dass es ihm gelungen ist, es fertigzustellen. Selbst sein engeres geschäftliches Umfeld hatte das für unwahrscheinlich gehalten: «Er behauptet, dass er Songs schreibe», ließ Williams’ Konzertagent kurz vor Jahresbeginn in einem Hintergrundgespräch durchblicken und fügte hinzu: «Ich glaube ihm kein Wort.»
Ähnlich überraschend war im August Whitney Houston wieder aufgetaucht. «I look to you» hieß das Album, begann mit der sehr ordentlichen Dance-Nummer «We’re getting stronger», lieferte aber kaum neue Impulse.
Zu dem größten, ambitioniertesten und nicht zuletzt lukrativsten Comeback sollte es gar nicht erst kommen: Am 25. Juni starb Michael Jackson an einer von seinem Leibarzt verabreichten Medikamentendosis. Die Probearbeiten zu einer Konzertreihe unter dem Titel «This is It» hatten bereits begonnen. Jacksons Tod steht für das Ende einer Ära. Stars wie ihn, deren Ruhm in alle Winkel der Erde strahlt und die die Begeisterung einer ganzen Generation wecken, wird es auf absehbare Zeit wohl nicht mehr geben.
Und so ruht die Hoffnung auf Bands wie The Xx. Mit ihrem Debüt «XX» verfehlte das Trio aus London zwar deutlich die vorderen Positionen der Charts, erspielte sich aber live mit einem munteren Mix aus Indie, R&B-Einflüssen und Psychedelic eine treue Gefolgschaft.
Die ebenfalls aus London stammende Formation Florence And The Machine ist schon etwas weiter: Das im Juli erschienene Debüt «Lungs» überzeugte mit kraftvollem Gesang und solidem Gitarren-Indie - in England reichte das für Platz zwei. Ähnlich erfolgreich und vielversprechend ist auch Little Boots, deren Erstling «Hands» zeigt, dass Elektropop längst kein Auslaufmodell ist.
Melancholischer New-Wave-Sound mit White Lies
Großes hatte man erwartet von den White Lies aus London, die sich im vergangenen Jahr live einen Namen gemacht hatten und deren Debütalbum «To Lose My Life» mit Spannung erwartet worden war. Von der Musikpresse hochgejubelt, eroberte das Trio mit seinem melancholischen New-Wave-Sound in stilistischer Nähe zu The Cure und Placebo Platz eins, setzte sich aber international nicht durch.
Ein künstlerischer Erfolg gelang dem Pop-Terzett Miike Snow aus Stockholm. Die Single «Animal» vereint schräge Melodien mit aufwendig produzierten Beats und ist ein Kleinod avantgardistischer Popmusik - schwere Kost für ein größeres Publikum. Dabei hatte man mehr erwartet, da Chris Karlsson und Pontus Winnberg zuvor bereits als Produzentenduo für Madonna, Kylie Minogue und Britney Spears gearbeitet hatten.
Und hierzulande? Klarer Fall: Peter Fox schlägt Marius Müller-Westernhagen. Letzterer setzte zwar mit handgemachter Rockmusik dem New Yorker Stadtteil Williamsburg ein Denkmal. Fox hingegen gelang es, eine unbedeutende Straßeneinmündung an der Schlesischen Straße in Berlin-Kreuzberg bundesweit bekannt zu machen, indem er dort für ein Foto posierte. Doch der «Stadtaffe», zu dem sich der im Hauptberuf als Seeed-Sänger beschäftigte Fox per Albumtitel erklärte, ist fast schon wieder Geschichte: Fox erklärte seine Solokarriere ausdrücklich für beendet. (ddp)