Essen. . Die Lebensader des Reviers bleibt bei Essen nun für drei Monate dicht. Erste Bilanz: Der gefürchtete Stau blieb zumindest am Wochenende nach der Schließung aus. Die Fahrbahndecke wurde bereits abgetragen.

Montagmorgen, Essen: Wenn Sie jetzt hier im Stau stehen, in der Stadt oder an ihrem Rand, gescheitert an der Sperrung der A40, gestrandet am Ruhrstehweg – dann sind Sie die Ersten. Das mag Sie nicht trösten, die Planer beruhigt es schon: dass da kein Chaos war am Samstag und am Sonntag schon gar nicht, dass der Verkehr fröhlich floss, hinunter vor der Bahn und hinter Essen wieder hinauf, über die Ausweichstraßen und Umleitungsstrecken. Weil da nämlich gar kein Verkehr war!

Komm ich noch durch?

Er dünnt sich schon selbst aus, in der Dämmerung des Freitagabends, in furchtsamer Erwartung der Absperrgitter, die diese Lebensader des Reviers für drei Monate durchtrennen sollen.

Die A40-Sperrung von oben

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Nur ein paar Lkw sind unterwegs mit ausländischen Kennzeichen, deren Piloten vom nahenden Unheil nichts ahnen, einige vorsichtig tastende Autofahrer, die sich über bereits verengte Fahrbahnen schlängeln, neugierig und mit dem bangen Gefühl: Komm ich noch durch? Dazu ein paar ganz Freche – mit aufgemotzten Wagen und heulenden Motoren rasen sie durch den Essener Tunnel, noch hallt das so schön zwischen den alten, früher weißen Kacheln. Über dem Eingang zur Unterführung hängt Kunst in großen Lettern: „Ich bin mitten drin.“

Mitternacht wird’s ernst

Kurz vor Mitternacht, Minuten bis Straßen.NRW endgültig abschließen will, kleben Arbeiter gelbe Linien über veränderte Innenstadt-Spuren, schieben Baken vor Auffahrten. Männer auf Hubwagen lösen Klebestreifen von Wegweisern, montieren auf andere rote Kreuze. Bochum? Ist nicht mehr, jedenfalls nicht hier entlang.

Auf den Brücken sammeln sich die Hobbyfotografen, bereit für das Bild des Jahres, die leere Autobahn. Ein Sommernachtstraum, wie vor genau zwei Jahren, als sie die A40 sperrten für das „Stillleben“, nur war das bloß für einen Tag und zum Spaß. Diesmal rechnen sie mit 86 Tagen, und es ist ernst.

Doch die Geisterstraße zur Geisterstunde fällt aus. Keine Schranke senkt sich um Punkt zwölf, um halb eins erleuchten immer noch Scheinwerfer von der Autobahn die Essener Nacht. Es dauert eine Stunde, bis in Richtung Duisburg alles dicht ist, und eine weitere gen Dortmund. „Leicht hinterm Plan“, sagt Ingrid Scholtz vom Landesbetrieb Straßen.NRW gelassen; man habe den Verkehr ohnehin lieber langsam verdrängen wollen, die Bahn „freilaufen lassen“, sagt sie.

Oberster Asphalt bereits weggeschabt

Zwölf Stunden später sind die Autos nun wirklich weg, und wo eben noch Stau war, ist noch nicht einmal mehr Straße. Die oberste Asphaltschicht haben Maschinen schon abgeschabt, zehn, 15 Lkw schaffen den grauschwarzen Schotter davon. Seile, Kabel, Bagger werden auf der A40 abgeladen, die Leitplanke hat Löcher, die tiefen Lehmspuren der Raupen lassen kaum glauben, dass dies eine frische Baustelle ist.

Zur Mittagszeit hat die Stadtwaldbrücke schon High Noon: Sechs riesige Meißel fressen sich synchron in die Südflanke der Autobahn, wie hilflose Insekten hängen Betonbrocken in einem Spinnennetz aus Stahlträgern. „Beissner“ heißt die Firma, der die Maschinen gehören.

Erste Brücke liegt in Trümmern

Keinen Tag ist es her, da standen und rollten hier oben noch 100.000 Autos – am Sonntag ist ihr Weg weg. Ein riesiges Stück A40, aufgegangen in einer Staubwolke und knapp 5000 Tonnen Schrott. Eine gigantische Kneifzange zermalmt Leitplanken zu handlichen Paketen, die Lärmschutzwand wird abgetragen, hörbar: Im angrenzenden Wohnviertel bebt die Straße, zittern die Bäume; zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang verzichten die Bautrupps deshalb auf ihre Nachtarbeits-Erlaubnis.

Wer ihr Werk bei Tag mit ansehen will, kommt mit Fahrrad, Enkelkind und Kamera vorm Bauch, steht staunend an der Autobahn, die in Essen seit Samstag keine mehr ist.

Die meisten Menschen aber, muss man annehmen, wollten lieber kein Teil des Schauspiels sein, blieben daheim, gewarnt vor dem Stau. „Angekündigte Katastrophen werden oft keine“, sagt dazu munter die Straßen.NRW-Frau Scholtz. Am Wochenende mochte das noch angehen, aber Montag ist Diensttag. „Dann“, ahnt die Autobahnpolizei, „wird das sicherlich anders . . .“ Monday, bloody monday? Morgen an dieser Stelle mehr.