Duisburg.. Hocken, Arme strecken und aufrichten: Wasserski-Fahren kann ganz einfach sein – oder ganz schwer. Ein Selbstversuch mit schwerem Anlauf:

Der Mann mit Bauch und der Halbliter-Bierdose in der Hand verliert langsam die Geduld. „Warum fällst du rein?“, fragt er mit leicht vorwurfsvollem Ton, als ich mich schwer atmend an den Strand des kleinen Toeppersees bei Duisburg robbe. Dort steht der Herr mittleren Alters oberkörperfrei in der prallen Sonne und hat meinen verunglückten Wasserski-Versuch beobachtet. Die vielleicht vier Meter weite „Fahrt“, die recht spektakulär mit einem Sturz im Wasser vor seinen Augen geendet war, hat ihm offensichtlich nicht gefallen.

Nächster Anlauf. Ich umklammere den Haltegriff, dann zieht mich das Seil ruckartig von der grünen Matte auf den See. Hocken, die Arme durchstrecken, langsam aufrichten – alle Tipps, die mir Trainer Luis mit auf den rasanten Weg gegeben hat, wirbeln durch meinen Kopf wie die Spritzer von der Wasseroberfläche. Irgendetwas bringe ich dabei durcheinander, jedenfalls ziehe ich den Griff an meine Schwimmweste heran. Zwei Augenblicke geht das gut, dann falle ich nach hinten, verliere meine beiden Skier und gehe wieder baden.

„Das war gut“, ruft Luis motivierend, nachdem ich wieder aufgetaucht bin.

Eine – nicht-alkoholische – Entspannung wird bald einsetzen, aber das weiß ich noch nicht, als ich wieder an den Start rutsche. Jetzt spüre ich vor allem Erfolgsdruck. Da ist Volker, der Fotograf, der extra sein riesiges Objektiv mit nach Rheinhausen gebracht hat, bisher aber nur Crashbilder machen konnte. Da ist aber insbesondere der Mann mit seiner Bierdose. Welches vernichtende Urteil wird er mir wohl entgegenschleudern, wenn auch dieser Versuch nach wenigen Meter vorüber ist? Wasserski spielt sich im Kopf ab und der ist gerade voller Gedanken.

Dabei hat alles so schön angefangen. Keine Wolke ist am Himmel und das Wasser des kleinen Toeppersees hat erfrischende 19 Grad Celsius an diesem heißen Nachmittag. Ich streife mir den Neoprenanzug über, den Michael König mir gegeben hat. Er hat vor 27 Jahren die Wasserski- und Freizeitanlage an der „Tegge“ eröffnet, wie die Rheinhausener das von Wald umgebene Gewässer mit der kleinen Insel in der Mitte nennen. „Wir sind hier an einem schönen Fleckchen Erde und trotzdem stadtnah“, sagt König und hat recht.

„Wasserski- und Wakeboardfahren ist für fast jedermann leicht zu erlernen“, stellt sein Sohn Pascal fest, der ihn bald als Geschäftsführer ablösen soll. „Wer schon mal auf Skiern oder einem Skate-, Wave-, Snow- oder Surfboard stand, hat natürlich Vorteile.“ Nun ja, meine Board-Erfahrung ist sehr begrenzt, und auch bin ich weder ein großer Winter- noch Wassersportler. Doch es gibt ja noch Luis.

Sonnige Jugend am See

Der 18-Jährige ist mein Trainer und gut drauf. Er nimmt sich viel Zeit, zeigt mir ein paar Trockenübungen und erklärt alles Wichtige zur Sicherheit auf dem Wasser. Luis wohnt gleich um die Ecke und hat eine sonnige Jugend am kleinen Toeppersee verbracht. „Es gibt keinen schöneren Nebenjob“, sagt er. Und auch ich bin ziemlich zufrieden mit meiner Berufswahl, als ich auf meinen ersten Start warte und auf das glitzernde Wasser schaue.

Drei Versuche und ein bittersüßes Bier-Angebot später denke ich, dass so ein Tag im Büro auch etwas für sich hat. Luis bringt mir ein Paar neue Skier. „Die Bindung ist besser für dich“, sagt er. Vielleicht ist das nur ein psychologischer Kniff, schießt es mir durch den Kopf, doch es bleibt keine Zeit weiter zu grübeln. In die Hocke, ein Ruck – plötzlich fahre ich Wasserski.

Ich meine ungläubigen Jubel vom Rand zu hören. Langsam richte ich mich auf. Das Tempo ist perfekt, ich stehe stabil und schon nach wenigen Sekunden genieße ich die Fahrt. Vor den Linkskurven verlagere ich das Gewicht auf den rechten Fuß. Meine Runde, das erkenne ich später auf den Bildern, sieht noch nicht wirklich elegant aus, doch sie macht mächtig Spaß. „Man braucht beim Wasserski Körperspannung, aber nicht viel Kraft“, sagt Pascal König. Das macht den Sport familientauglich.

An Land klatsche ich mit Luis ab. „Happy End“, sagt er und lacht. Auch ich grinse und suche den Mann mit der Bierdose für ein weiteres „High five“. Vergebens. Er ist nicht mehr da.