Witten. Während viele Imker sich um die Zukunft der Bienenzucht sorgen, hat Richard Sieger für seine Völker einen engagierten Nachfolger gefunden. Der 15 Jahre alte Philip Raillon hat vor zwei Jahren seine Zucht übernommen. Und trotz seiner Bienenallergie gibt Wittens jüngster Imker keinesfalls auf

Ein paar gelbe Schilder weisen den Weg. Schilder, die sonst meist in Urlaubsregionen, gern im Schwarzwald oder sonstwo auf dem Land, zu finden sind. Aber in Bommern? „Honig aus eigener Herstellung” steht darauf. Und nun stellt sich, wer das liest, sicher einen etwas älteren Herrn vor. Einen, der gern Bienen züchtet und seinem Hobby seit Jahren frönt. Doch das stimmt nur zum Teil. Denn der Imker, um den es hier geht, ist 15 Jahre alt.

Er heißt Philip Raillon, besucht die zehnte Klasse des Schiller-Gymnasiums, dessen Schülersprecher er außerdem ist. Und wir haben ihn vor zwei Jahren schon einmal vorgestellt, als er die Bienenzucht von Richard Sieger übernahm. Der ist in der Tat schon etwas älter, inzwischen 81, und musste aus gesundheitlichen Gründen die Imkerei aufgeben. In seinem Nachbarsjungen Philip fand er zunächst einen interessierten Helfer und schließlich einen würdigen Nachfolger, an den er sein Wissen weitergab. Und 2007 dann auch sein Bienenhaus, das hinterm Garten der Raillons mitten im Grünen liegt.

Satte 389 Pfund

Der Zuchtnachweis. Fotos: Walter Fischer
Der Zuchtnachweis. Fotos: Walter Fischer © Fischer / WAZ FotoPool

Dass Sieger ein guter Lehrer war und Philip sein ungewöhnliches Hobby ernst nimmt, das beweist der Ertrag des letzten Sommers: Sage und schreibe 389 Pfund Blütenhonig brachten seine vier Bienenvölker ein. „Ein extrem erfolgreiches Jahr”, sagt Philip stolz. In einem Stuttgarter Institut hat er den Honig auf Rückstände untersuchen lassen. Doch was die Bienen da aus Gärten, den Ruhrwiesen oder auch mal vom Friedhof mitgebracht haben, ist „alles in Ordnung”. Und weil Philip letztes Jahr am Hohenstein extra einen Lehrgang absolvierte, darf er seine Ware jetzt auch mit dem Etikett „Echter Deutscher Honig” versehen.

Soweit also alles bestens? Nun ja, die größte Sorge seiner Mutter, die – wie die ganze Familie – das Hobby ansonsten voll und ganz unterstützt, ist, dass ihr Sohn gestochen wird. Denn Philip hat eine Bienenallergie. Im letzten Mai sei er – was dumm war, wie er zugibt – ohne Schleier an den Stöcken beschäftigt gewesen. Und da habe sich eine Biene auf seinen Kopf gesetzt. „Ich habe draufgehauen”, gesteht Philip. Und das habe der Biene natürlich nicht gefallen. Die Stichstelle sei angeschwollen, ihm sei übel und schwindelig geworden. Der Arzt stellte fest, dass Philip in höchstem Maße allergisch auf Bienenstiche reagiert. Eine Woche lang unterzog er sich einer Hypersensibilisierung. Denn: „Wenn ich nicht weitergemacht hätte, wäre das das Ende der Bienenzucht gewesen”, sagt Philip. Das habe er Richard Sieger nicht antun wollen, der sagt: „Ohne Bienen sähe es schlecht aus für die Natur.”

Er liebt einfach die Natur

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© Fischer / WAZ FotoPool

Philip Raillon liebt die Natur und die Arbeit im Bienenhaus, wo's während der Saison viel zu tun gibt. Die meisten seiner Freunde finden das uncool. Doch immerhin sei die Bienenzucht auch eine gute Einnahmequelle: „Ich muss keine Zeitungen austragen.” Weitere Vorteile: Im Bio-Unterricht kam Philip sein Wissen schon zugute, bei Referaten und einer Facharbeit.

Jetzt, in der kalten Jahreszeit, reicht es, wenn er einmal pro Woche nach den Bienen schaut. Gut eingewintert hat er seine Völker. Unter Folie, Schaumstoff und Pappe haben sie es angenehm warm. Und Philip genießt derweil das süße Produkt seiner Arbeit? Von wegen: „Ich mag Honig nicht”, sagt er. Richard Sieger dagegen riecht und schmeckt ihn gern. Und bescheinigt Philips Honig „einen leichten Touch von Linde”.