Witten. . Ihren Sohn werden sie nie zurückbekommen, aber vielleicht gibt es ja eine neue Spur. „Aktenzeichen XY... ungelöst“ zeigte am Mittwoch (29.10.) den tragischen Unfalltod eines 20-jährigen Kämpeners vor vier Jahren auf der Rüsbergstraße. Der Fall wurde nie aufgeklärt , was Christians Eltern bis heute quält.
„Wir haben genug geweint, haben alles immer wieder erzählt. Manchmal denkt man, man kann gar nichts mehr dazu sagen.“ Astrid Marks spricht über ihren Sohn Christian (20), der am frühen Morgen des 1. November 2010 auf der Rüsbergstraße in Herbede-Kämpen überfahren wurde. Die 57-Jährige kämpfte mit ihrem Mann Andreas (49) dafür, dass in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ gestern Abend über den „Fall Christian“ berichtet wurde. Die Eltern hoffen, dass sich der Fahrer oder die Fahrerin des Unfallwagens – ein Opel-Corsa C – endlich bei der Polizei meldet. Nach vier langen Jahren.
Nicht nur in den Herzen seiner Eltern, auch in deren Haus ist Christian noch allgegenwärtig. Etwa auf Fotos an der Wand hinter dem Esstisch, die ihn als Wehrdienstleistenden bei den Fallschirmjägern zeigen, bei Familienurlauben, als Kind mit seiner Schwester Stefanie, die heute 27 ist. Christian, der Architekt werden wollte, wäre jetzt 24.
„Er starb wenige Sekunden später“
Nach einer Halloweenparty mit Freunden auf der Burg Blankenstein war der junge Wittener am Allerheiligentag am frühen, nebligen Morgen alleine zu Fuß nach Hause gelaufen. Was dabei passierte, konnte bis heute nicht genau geklärt werden. Die Polizei geht davon, dass Christian gestürzt war und auf der Fahrbahn liegend von einem Wagen überrollt wurde. Dabei erlitt er schwerste Kopfverletzungen.
20 Hinweise noch in der „XY“-Sendung
Schauspieler haben den „Fall Christian“ im Raum München nachgestellt. In Witten wurde für die Sendung „XY“ nicht gedreht. 20 Hinweise gingen noch gestern Abend im ZDF-Studio bis zum Ende der Sendung ein.
Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Fahrerflucht. Nachts, so zeigte der Beitrag, hatte Christian Marks noch versucht, seine Eltern anzurufen. Diese hatten das Klingeln des Telefons aber nicht gehört.
Wie Polizeihauptkommissar Jürgen Schröter erklärte, wurde an der Unfallstelle ein Teil einer Radlauf-Abdeckung eines Opel Corsa C gefunden. Christian, so Schröter, dürfte gestolpert oder ausgerutscht und dann überfahren worden sein. Hinweise an die Polizei: Tel. 0234/ 909 5206 oder Tel. 02302/209 3821
Polizeihauptkommissar Jürgen Schröder sagte gestern Abend bei „XY“: „Er starb wenige Sekunden später an der Unfallstelle.“ Gegen 4.25 Uhr soll der Herbeder zu Tode gekommen sein. War der Fahrer oder die Fahrerin des Autos angetrunken? Brachte er oder sie nach einer Party Freunde nach Hause?
Fragen, die Christians Eltern keine Ruhe lassen. „Es kann doch nicht sein, dass jemand draußen herumläuft und so tut, als sei nichts geschehen“, sagt Astrid Marks. Nach Christians Tod konnten die Eltern nicht mehr essen, nicht mehr schlafen. Professionelle Hilfe zur Verarbeitung ihrer Trauer haben sie sich nicht gesucht. „So etwas wird nie wieder gut.“ Ihre Arbeit hilft ihnen dabei, wieder ein Stück normales Leben zu leben. „Man würde verrückt, würde man zu Hause seinen Gedanken nachhängen.“
„Das wird schwer auszuhalten sein, mit im Gericht zu sitzen“
Mit ihrem Mann besucht Astrid Marks ihren Sohn regelmäßig auf dem Buchholzer Friedhof. Ebenso die Stelle, wo ihn eine Krankenschwester kurz vor 5.30 Uhr morgens fand, nur wenige hundert Meter vom Elternhaus entfernt. Am Straßenrand erinnern immer noch Holzkreuze, Kerzen, Herzen, ein Foto und zwei Fußball-Schals an ihn. „Christian war ein Schalke-Fan“, erzählt seine Mutter lächelnd. Dieser Ort des Gedenkens wird von einem Bekannten gepflegt. „Das ist mir wichtig. Vielleicht fährt ja derjenige, der Christian hier hat liegen lassen, vorbei und wird so daran erinnert, was passiert ist.“
Was ist, wenn der Unfallfahrer gefunden wird? „Das wird schwer auszuhalten sein, mit im Gericht zu sitzen.“ Welche Gefühle haben die Eltern, wenn sie daran denken? „Das kann man nicht so einfach sagen“, meint die Mutter, die selbst als Justizbeamtin im Amtsgericht Bochum arbeitet. „Ist das ein Schnösel, der grinsend dort sitzt, als ginge ihn das alles gar nichts an? Oder ist es ein Mensch, der Angst hatte, sich zu melden und sein Verhalten zutiefst bereut – auch wenn Christian dadurch nicht wieder lebendig wird.“