Witten. . Gemessen an der langen Vorgeschichte fiel der erste Spatenstich für den Bücherei-Anbau am Märkischen Museum rekordverdächtig kurz aus. Keine 30 Minuten, da waren die Gäste schon wieder weg. Im Sommer 2016 soll Wittens neue Stadtbibliothek an der Husemannstraße eröffnet werden. Ende gut, alles gut?

Eine Schaufel Sand, ein Schluck Sekt, ein paar schöne Worte – keine halbe Stunde dauerte am Dienstag (28.10.) der erste Spatenstich für den zwei Millionen Euro teuren Bücherei-Anbau an das Märkische Museum. Die Vorgeschichte war bekanntlich deutlich länger.

Lilo Dannert vom Verwaltungsrat des Kulturforums hat diese Vorgeschichte noch gut im Kopf, um nicht zu sagen in den Knochen. Lange zwei Jahre redete sich die Bürgerwerkstatt zur Zukunft der Stadtbücherei die Köpfe um den künftigen Standort heiß: da die Bewahrer des Alten, die an der maroden Ruhrstraße 48 festhalten wollten, dort die Fürsprecher für den Umzug zum Museum mit einem Neubau, der nun beginnt.

12 000 Unterschriften führten zur Bürgerwerkstatt

Dass so lange diskutiert werden durfte, verdankte die Bürgerinitiative pro Ruhrstraße über 12 000 Unterschriften, die sie gesammelt hatte. Doch am Ende gab es weder eine Einigung der Bürgerwerkstatt noch das von der Initiative erhoffte Bürgerbegehren. Aus rechtlichen Gründen entschied allein der Verwaltungsrat, dessen Position von Anfang an feststand: neu bauen!

Ob die Gräben zwischen den zerstrittenen Lagern mittlerweile zugeschüttet sind? Eingeladen waren die Vertreter der Bürgerinitiative gestern angeblich, gesichtet wurde allerdings keiner von ihnen. Lilo Dannert jedenfalls ließ sich die Freude über den Baubeginn nicht nehmen. „Klasse, dass das jetzt was wird, worum wir so lange gerungen haben.“ Bürgermeisterin Sonja Leidemann hob die Bürgerbeteiligung bei diesem Prozess hervor. Dass man diese ernst nehme, habe man zuletzt noch durch die Auspflanzaktion unter Beweis gestellt. Jetzt aber sei „noch viel zu tun“.

Kampfmitelräumdienst untersucht Baugrund

Am Donnerstag (30.10.) sucht der Kampfmittelräumdienst den Baugrund im Museumsgarten nach Blindgängern ab, dann können die Bagger anrücken. Im Juni 2015 soll der 40 Meter lange, sieben Meter breite und gut acht Meter hohe dreistöckige Rohbau stehen, der über das vorhandene Treppenhaus des Museums erschlossen wird.

700 Quadratmeter Nutzfläche, helle, lichtdurchflutete Räume, ein Lesercafé und Lesergraben zum Garten hin, ein eigener Jugendbereich – „wir erreichen eine neue Qualität, die mit dem Alten nicht vergleichbar ist“, verspricht Büchereileiterin Christine Wolf. Anders als am alten Standort, der nicht als Bibliothek geplant gewesen sei, „können wir nun vieles anders machen“, sagt Kulturforumsvorstand Dirk Steimann.

Kombination mit Märkischem Museum „zukunftsweisend“

Architektin Tanja Werner vom Büro „Leistungsphase“ nennt die Kombination mit dem Märkischen Museum „zukunftsweisend“. Und tatsächlich sagen Büchereibesucher wie Helga Küll (64): „Dann geh ich auch öfter ins Museum.“ Sie sei gespannt auf das neue Gebäude. „Hier find ich’s nicht so gemütlich“, meint sie bei der Lektüre einer Zeitschrift unter Neonlicht im Altbau an der Ruhrstaße. „Ich hoffe, dass es ein bisschen netter wird zum Lesen.“ Nur die stark befahrene Kreuzung an der Husemannstraße gibt manchem zu denken. „Hier würde ich mein Kind nicht rüberschicken.“ Eine Fußgängerampel ist aber vorhanden.

Dass das neue Museums- und Büchereigebäude etwas weiter von der Fußgängerzone entfernt liegt als die alte Bibliothek, macht Leserin Susanne Aufermann (44) persönlich nichts aus. „Ich komm ja mit dem Auto. Schade nur für alle, die mit dem Bus fahren.“