Witten.. Jedes Jahr richten Medizinstudenten im Foyer der Uni Witten/Herdecke eine Teddyklinik ein. 300 Wittener Kindergartenkinder ließen dort gestern ihre Kuscheltiere untersuchen. Die Aktion soll Kindern die Angst vorm Arztbesuch nehmen


Auf seinen Einsatz in der Teddyklinik hat sich Carlos detailliert vorbereitet: Löwi hat Affi gebissen und zwar auf dem Bauteppich in seinem Kinderzimmer, erzählt der Vierjährige. Jetzt blutet Affi im Ohr und in der Lunge. Ein klarer Fall für Dr. med. ted. Joanna!

Alle Jahre wieder eröffnet die Teddyklinik im Foyer der Uni Witten/Herdecke. Um Kindern „die Angst vorm weißen Kittel zu nehmen“, so Organisatorin Katharina Weber, werden alle 40 Wittener Kindertageseinrichtungen eingeladen. 15 Kitas machten diesmal mit. Das sind 300 Kinder zwischen vier und sechs Jahren, die sich gestern mit ihren Erzieherinnen auf den Weg in die Alfred-Herrhausen-Straße machten. Im Arm ihr Lieblingsstofftier und im Kopf eine Geschichte, woran Puppe oder Plüschpinguin leiden könnte.

Viel zu große grüne Gummihandschuhe

An der Anmeldung sitzen Katharina und Darius und empfangen die kleinen Besucher. „Theo“ sagt Theo und bekommt ein Namensschild an die Brust geklebt. Mit seinem Plüschlöwen an der Leine dackelt der Fünfjährige ab in das zum Wartesaal umfunktionierte Audimax. „Der Löwe ist angeleint, damit er hier nicht abhaut“, erklärt er. Seine zuständige Teddyärztin wird die beiden gleich abholen.

Carlos sitzt da schon längst am Behandlungstisch mit Medizinstudentin Joanna und malt ein wahres Horrorszenario aus, dass sich da im Kinderzimmer ereignete: Sein Löwe Löwi, stellt Carlos klar, „hat aus Versehen zugebissen. Weil Affi nach Fleisch schmeckt.“ Na dann ab zum Röntgen!

Der Röntgenapparat ist ein mit Alufolie beklebter Karton, den ein elektrotechnisch begabter Medizinstudent mit allerlei Blinklichtern aufgewertet hat. Hinten kommt eine Folie mit einem aufgedruckten Teddyskelett heraus. Marie, deren Bär Bruno mit Rückenverletzung gerade in dem Karton liegt, staunt.

Weiter geht es in den Operationssaal. Auch die Kinder tragen hier Plastikschürzen, Mundschutz und eine grüne Haube, an den Händen baumeln viel zu große grüne Gummihandschuhe. Linus Affe, der ein Loch im Ohr hat, wird genäht. Gleich, darauf freut sich Linus, folgt noch die Apotheke. Da wird viel frische Luft verordnet, klar, und Bettruhe, sicher, aber vor allem gibt es dort Medikamente, die verdächtig nach Schokolade schmecken.

35 Medizinstudenten teilen sich die Arbeit im Teddykrankenhaus – im Schichtsystem, so wie im echten Berufsalltag. Marie Derstadt (27) ist zum ersten Mal dabei und hat gleich einen besonders schwierigen Patienten auf dem Behandlungstisch: Fabians Dino hat „schwarze Flecken, die unterschiedlich doll weh tun.“ Was macht man da? Pflaster drauf hilft nicht, Hautcreme darf nicht, der Dino ist eigen. „Dann geben wir halt die Universalspritze“, seufzt Marie.

Mats Gehling, 26, widmet sich im zweiten Jahr den Stoffpatienten. Warum? „Weil es Spaß macht. Und dann ist es wichtig, den Kurzen zu zeigen: eine Spritze oder eine Operation ist gar nicht so schlimm. Nachher geht es einem besser als vorher.“ Vor allem Bauch- und Ohrenschmerzen musste er behandeln. Und kraft seiner Erfahrung als Teddyarzt kann er sagen: Stofftiere von Mädchen sind oft schlimmer verletzt als die der Jungs. „Die haben zum Beispiel einen Beinbruch und noch Schnupfen.“