Witten. . Bommeraner Landwirt fürchtet langfristig Ackerschäden durch das Produkt aus der Biogasanlage. Die SPD sagt, es könne möglicherweise gesundheitliche Probleme für die Verbraucher geben. Der Ennepe-Ruhr-Kreis sieht aber keinen Handlungsbedarf.

Wie „bio“ ist der Dünger, den die Biogasanlage des Betreibers AHE am Bebbelsdorf ausgibt? Rückstände von Plastiktüten im Kompost sorgen derzeit unter Wittener Landwirten für Diskussionen, auch in der Lokalpolitik ist das Thema angekommen. Die SPD fürchtet gesundheitliche Probleme und fordert vom zuständigen EN-Kreis Aufklärung.

„Plastik zersetzt sich nicht. Wenn man das Zeug auf den Acker kippt, ist das hinterher wie eine Müllkippe“, sagt der Bommeraner Bauer Friedrich-Wilhelm Thiele, der unter anderem Kartoffeln, Weizen und Gerste anbaut. Er habe den „Kunststoff-Dünger“ zwar noch nicht verwendet, weil er Kuh- und Pferdemist nehme. Er kenne die Zusammensetzung aber von anderen Bauern, die zu diesem greifen. Thiele spricht von „Ein-Euro“-großen Plastikrückständen. Er befürchtet, dass die Felder „langfristig nicht mehr nutzbar sein könnten“.

„Das muss besser gefiltert werden“

Der Wittener Bio-Landwirt Dirk Liedmann hat den Dünger vom Bebbelsdorf schon einmal benutzt. Er bestätigt die nicht biologischen Rückstände. „Manche Chargen waren besser, manche schlecht.“ Er verwende den Kompost darum nicht mehr. Aus seiner Sicht bestünden zwar keine gesundheitlichen Risiken. Es sei aber „ein optisches Problem“. Der Kunststoff sammele sich im Laufe der Zeit auf den Äckern an. Der Produktionsprozess in der Biogasanlage sei nicht einfach, dennoch sieht der Landwirt Handlungsbedarf: „Das muss besser gefiltert werden. Nur: Das ist aufwändiger und teurer“, glaubt er.

Der Betreiber der Biogasanlage, das Entsorgungsunternehmen AHE, spricht von „marginalen“, also eher geringfügigen „Störstoffen“. „Wir sind auf dem neuesten Stand der Technik“, versichert Prokurist Johannes Einig. Der Anteil von Rückständen wie Plastik liege zehnfach unter dem vorgeschriebenen Grenzwert. „100 Prozent können wir nicht rausbekommen.“

„Ordentliche Kontrolle“

6000 Tonnen pro Jahr werden produziert

In der Biogasanlage werden jährlich25 000 Tonnen Bioabfälle aus dem EN-Kreis verarbeitet. Es gibt drei Endprodukte: Gas, das zu Strom verarbeitet wird, flüssiger und fester Dünger. Von letzterem, dem Kompost, entstehen pro Jahr 6000 bis 7000 Tonnen.

Abfällewerden zunächst verkleinert und gesiebt. Dann verarbeiten Bakterien den Müll in einem chemischen Prozess weiter zu Methangas, aus dem wiederum Strom für 3000 Haushalte produziert wird. Neben dem Methangas entstehen die flüssigen und festen Reststoffe.

Dünger kann kostenlos an der Umladestation der AHE (Bebbelsdorf 73) mitgenommen werden. Landwirte bekommen für größere Mengen eine „Entschädigung“. Die AHE hatte 15 Mio Euro in die Biogasanlage investiert. Die Einnahmen des Kreises gehen an die AHE.

Das ändert nichts daran, dass das Thema nun die Politik beschäftigt. SPD-Ratsherr Klaus Wiegand aus Bommern kritisiert die Ausgabe des „Plastik-Düngers“: „Organische Abfälle mit Plastikanteilen anzubieten, kann nicht ernsthaft im Sinne einer natürlichen und gesunden Landwirtschaft sein.“ Nach einem Gespräch mit einem Landwirt kommt Wiegand zu dem Ergebnis, dass Rückstände in die Nahrungskette gelangen und „zu negativen gesundheitlichen Folgen beim Endverbraucher führen könnten“. Die SPD-Fraktion verlangt von der Kreisverwaltung „Aufklärung“. Die sah auf Anfrage keinen Handlungsbedarf.

Auch die Fraktionschefin der Grünen, Birgit Legel-Wood, ist nicht amüsiert. „Das darf nicht passieren. Das muss ordentlich kontrolliert werden.“ Sie sieht aber auch die Verbraucher in der Pflicht. „Es ist ein Problem, dass die Leute nicht sauber trennen.“