Witten. . Mit Wittens „guter Stube“, dem Kornmarkt, scheint es bergab zu gehen: Kioskschwemme, alkoholisierte Jugendliche und ein Filetgrundstück, das nicht über den Status „Parkplatz“ hinauskommt. Und: Die Politik hat die Entscheidung über die Ausschreibung für die Bebauung erneut verschoben.

Schöne Entwürfe haben wir schon viele gesehen. Doch aktuell scheint sich der Kornmarkt eher im Abwärtstrend zu befinden. Kioske schießen wie Pilze aus dem Boden und die Ausschreibung für die Neugestaltung des letzten Filetgrundstücks im Herzen der Stadt – gesucht wird ein Investor für die Bebauung – wurde erneut verschoben.

Die „gute Stube“ Wittens, seit dem Umzug des Busbahnhofs zum Hauptbahnhof vor zwei Jahren ein Parkplatz mit angeschlossenem Taxistand, droht zum bevorzugten Treffpunkt alkoholisierter Jugendlicher zu werden. Buden werben mit Wodka und anderem Hochprozentigem. Erst kürzlich ging Trinkhalle Nummer vier an den Start.

Wachsende Zahl von Mitbewerbern

„Geöffnet“ blinkt es einem seit einigen Tagen in Neon-Rot vom ehemaligen „Walla“-Pavillon auf dem Kornmarkt entgegen. Der „Kiosk am Markt“ ist die neueste unter den vier Trinkhallen in unmittelbarer Nähe zum Kornmarkt.

Acar Özyildirim (57), der seit 30 Jahren „Zeynos Trinkhalle“ in der angrenzenden Johannisstraße betreibt, beklagt sich über die wachsende Zahl der Mitbewerber. „Die nehmen mir nicht nur die Kunden weg, sie blockieren mich auch beim Be- und Entladen.“ Wobei: Die Betreiber des neuen Kiosks in der von der Stadt angemieteten „Feldherrenhalle“ gehören nach Information dieser Zeitung zu seiner eigenen Familie.

Vielfalt in der Innenstadt erwünscht

In den Fenstern stehen raumhoch Bier und Wodka, Tabakwaren und Schmuck liegen aus. „Mit dem alten Ruhrgebietsbüdchen hat das doch nur noch wenig zu tun,“ findet Passant Karlheinz Mette (65). Ihm ist die Budendichte in Zentrum viel zu hoch. Ebenfalls wenig begeistert ist die Standortgemeinschaft Mitte. „Eine Innenstadt lebt von ihrer Vielfalt. Da ist es nicht im Sinne des Erfinders, wenn am Kornmarkt viele Kioske sind“, sagt Vize-Vorsitzender Marcus Franke. Er wünscht sich mehr kleine Fachgeschäfte.

Umgestaltung und Bebauung des Kornmarkts lassen aber weiter auf sich warten. Es gibt zwar einen ausgesuchten Entwurf. Und die europaweite Ausschreibung sollte eigentlich schon längst im Ausschuss für Stadtentwicklung auf den Weg gebracht werden. Doch die Sitzung vor der Sommerpause platzte aus formalen Gründen. Danach meldete die Politik erneut weiteren Beratungsbedarf an. Es soll unter anderem um die Form der geplanten Ausschreibung gehen.

Stadtbaurat sieht keinen Steuerungsbedarf

Was die Kioske angeht, fragt sich auch Stadtbaurat Bradtke, „ob eine Häufung gut ist. Aber da haben wir keine Handhabe“. Einen Vergleich zu den oft diskutierten Wettbüros will er aber nicht ziehen. „Schließlich sind Kioske eine Form des Einzelhandels.“ Steuerungsbedarf sehe er daher nicht.