Witten. . Sie ist bei Weitem kein einfaches Pflaster: Trotz Tempo-30-Zone wird auf der Sprockhöveler Straße in Witten-Heven oft zu schnell gefahren, denn die Strecke wird gern als Ortsdurchquerung genutzt. Anwohner vermissen Bäume und eine Aufwertung.
Die Sprockhöveler Straße scheint zur Innenstadt zu gehören, liegt aber in Heven und mündet in den Crengeldanz. Um an dieser Stelle Herbert Grönemeyer zu bemühen: Sie ist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau. Und sie ist bei Weitem kein einfaches Pflaster.
Die Fassaden haben schon bessere Zeiten erlebt, aber hinter den Häusern sieht man gepflegte Gärten, die in den Grünzug am Wannenbach ragen. Beliebt ist die Strecke als schnelle Ortsdurchfahrt und für Kunden der beiden Supermärkte. Schnell hin und schnell wieder weg – das ist auch das Problem der Sprockhöveler Straße.
Ich wollte unbedingt mal ne Kneipe haben, in meiner Heimat Serbien habe ich auch in einer gearbeitet. Zwölf Jahre kämpfe ich mich jetzt hier in Deutschland durch, seit sechs Jahren habe ich die Eckkneipe. Gibt’s doch nicht mehr oft in Witten. Es kommen alle möglichen Leute zu uns, viele Rentner, die was trinken und quatschen wollen. Wir machen um 10 Uhr auf, dann kommen die ersten zum Kaffee trinken. Um 5 Uhr machen wir zu. Ich brauche nicht viel Schlaf.
Hjego, 36, Wirt
In Herbede wohne ich, aber da ist tote Hose. Ich fahre morgens zu Hjego. Das gefällt mir hier. Der ist nett, die Bedienung ist nett. Wir stehen draußen und gucken die Autos an und reden drüber und so. Dann trinke ich meinen Kaffee und der Tag kann beginnen.
Torsten Niggemann, 50
Peter Paul Kraft heiße ich, deswegen auch „P. Paul’s Imbiss“. Das klingt nach Kirche, finden Sie nicht? Die Leute sagen oft „Hallo Paul“, mittlerweile habe ich mich dran gewöhnt. Ich arbeite seit 40 Jahren als Koch, gelernt habe ich im Ratskeller, dann war ich im Hevener Dorfkrug. Aber ich war jung und bin da weggegangen, man macht halt Fehler. Naja, ich habe dann im „Haus Sohn“ auf dem Kleff gekocht und als der zumachte, da dachte ich: Machste mal nen Partyservice auf. Übergangsweise mit Imbiss, aber irgendwie ist beides weitergelaufen. Meine Spezialität ist Schnitzel. Ich mache die aus dem Schweinerücken, jedes Mal werden sie frisch paniert und gebraten. Wenn der Laden voll wird, dauert das. Aber dieses Schnitzel ist auch was besonderes.
Wie? Man schreibt im Deutschen Pauls und nicht Paul`s? Och, die Leute kommen trotzdem rein. Gucken Sie mal draußen, da steht Sauerbraten mit Kartoffeklößen – ohne l!
Peter Paul Kraft, 55
Die Autos hier fahren zu schnell. Meine Mama sagt immer, eine Verkehrsinsel wäre gut, weil die meisten Leute einfach so über die Straße gehen, aber wir sollen die Ampel nehmen. Und sie findet den Tunnel am Ende der Straße schlimm. Sie muss da morgens um 4 Uhr zu Fuß durch gehen. Alles ist dunkel und da hängt so ein langer Brombeervorhang.
Adolina, 10, und Natascha, 12,
Seit 15 Jahren verkaufe ich hier die Brötchen. Belegte Brötchen und Kaffee, das geht am besten. Manchmal kommen auch Mamas mit Kindern aus dem Kindergarten. Die aus der neuen Kita in der Kronenschule kommen nicht. Ich glaube, viele, die dort ihr Kind haben, wohnen woanders.
Man sagt ja immer: Der Laden kann noch so schön sein – Hauptsache, du hast Parkplätze. Das stimmt! Hier halten viele Handwerker an, viele Anstreicher, und die Dachdecker von gegenüber. Und was wollen die Männer? Frikadelle und Mettbrötchen und Fleischwurst. 80 Prozent sind Stammkunden. Manche bleiben auch auf einen Kaffee. Unter uns: Das ist hier manchmal besser, als wie bei Ditsche im Fernsehen.
Katharina Gliese, 42, Fachverkäuferin in der Bäckerei Weidler
Das hier ist weit und breit der einzige Baum in der ganzen Straße. Und da machen natürlich alle Hunde hin. Das Wohnen in der Sprockhöveler Straße hat Vor- und Nachteile: Man kann gut einkaufen, hat eine gute Verkehrsanbindung. Schlimm ist, wie hier gerast wird: Die ganze Sprockhöveler Straße ist doch Tempo-30-Zone, aber gucken Sie mal, wie die Lkw hier langkacheln.
Wenn man ehrlich ist, bräuchte die ganze Straße Hilfe. Vielleicht einen Zuschuss für die Hausbesitzer, damit sie ihre Fassaden anstreichen. Oder neue Bordsteine. Das Nachbarschaftsverhältnis untereinander ist nämlich ok. Man grüßt sich, die Leute sind ordentlich.
Anwohner, der seinen Namen nicht nennen möchte
Nachgefragt beim städt. Verkehrsplaner Andreas Müller: Von Ruhrdeich bis Fischertalweg wurde ein neuer Abwasserkanal bereits gelegt. Die restliche Straße erhält voraussichtlich 2016 eine neue Kanalisierung und damit auch neue Fahrbahndecke. Dann werden auch Bäume angepflanzt, vor allem im Teilstück zwischen Im Esch und Kronenstraße.