Witten.. Die Lebenshilfe betreut in ihren Frühförderstellen in Heven und Annen ohnehin KInder mit Entwicklungsstörungen. Was also lag da näher, als das Angebot auf eine autismus-spezifische Therapie auszuweiten. Seit 1. August gibt es die entsprechende Zulassung.
Die Wege für Eltern, deren Kind eine spezielle Förderung bei der Lebenshilfe bekommt, werden immer kürzer: Schon seit 1995 gibt es die Frühförderstelle im Familienzentrum am Wannen in Heven. Seit Januar 2014 besteht die Niederlassung an der Annenstraße. Und seit 1. August wird in beiden eine autismus-spezifische Therapie angeboten.
Alles liegt nun in einer Hand
„Wir haben Kinder mit ungeklärter Entwicklungsverzögerung ohnehin auf dem Weg bis zur Autismus-Diagnostik begleitet“, sagt Sabine Hebenstreit, Leiterin des Interdisziplinären Zentrums für Frühförderung. Stand die fest, mussten die Familien bisher zur Therapie in ein spezielles Autismus-Zentrum. Das bedeutete nicht nur weite Wege, sondern vor allem lange Wartezeiten. „Früher konnte das zwei Jahre dauern, heute noch mindestens ein halbes Jahr“, weiß Dr. Dieter König, Geschäftsführer der Lebenshilfe in Witten. Weil die Mitarbeiterinnen der Frühförderstelle die Kinder aber ohnehin schon gut kennen, passt das neue Angebot umso besser ins Konzept. „Alles liegt nun in einer Hand.“
Behandlung erfolgt bis zum Ende der Grundschulzeit
Ab sofort können Eltern Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung in der Frühförderstelle der Lebenshilfe anmelden: entweder in Heven (Wannen 81, 2029800) oder in Annen (Annenstraße 122, 9410603).
Die Anmeldungen sind bis zum zweiten Schuljahr möglich. Eine Förderung ist bis zum vierten Schuljahr geplant. Behandelt werden die Diagnosen: Frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom und Atypischer Autismus.
In Witten gibt es zwei weitere Möglichkeiten der Autismus-Therapie (auch für Erwachsene): im Zentrum des DRK am Sonnenschein/Ecke Lerchenstraße sowie in der Praxis Ulrike Vorthmann an der Uthmannstraße 10.
Zwei Heilpädagoginnen haben sich entsprechend weiterqualifiziert. Insgesamt wurde das Team um zwei Teilzeit-Kolleginnen erweitert, um das neue Angebot stemmen zu können. Sechs von 160 betreuten Kindern nutzen es bereits. Die Diagnose allerdings erfolgt nach wie vor durch einen Kinder- und Jugendpsychiater. „Zwischen dem Erstverdacht und der sicheren Diagnose vergehen oft drei bis vier Jahre“, sagt Prof. Dr. Lutz Neugebauer, dessen Institut für Musiktherapie mit der Frühförderstelle zusammenarbeitet. Doch hier vor Ort könnten Menschen, die viel Erfahrung haben, schnellere Wege bahnen.
„Menschen, die eine Autismus-Störung haben, sind nicht intellektuell, sondern sozial und emotional eingeschränkt“, erklärt Svenja Engelke, die sich mit Meike Göbel fortbildete. „Die Verhaltensauffälligkeiten scheinen erst mal ähnlich, die Kinder brauchen aber ein ganz anderes Verständnis.“ Die vielfältigen Ausprägungen von Autismus erforderten eine den individuellen Bedürfnissen angepasste Therapie. „Manchmal reichen schon Kleinigkeiten, um das Leben enorm zu erleichtern“, sagt Svenja Engelke. Bestimmte Methoden haben die beiden Heilpädagoginnen kennengelernt, die den Betroffenen helfen, den Alltag zu strukturieren und zu bewältigen. Könne sich jemand im sprachlichen Bereich nicht so gut ausdrücken, kämen etwa Bildkarten zum Einsatz.
Die Eltern jedenfalls seien erleichtert, dass es das neue Angebot im gewohnten Umfeld der Lebenshilfe-Einrichtung gibt. Sabine Hebenstreit ist sich sicher: „Die Hemmschwelle, es auch in Anspruch zu nehmen, ist hier einfach nicht so groß.“