Witten. . Mit einer Entschuldigung der Künstler begann der gemeinsame Auftritt von Komikerin Anke Engelke und Publizist Roger Willemsen. Im ausverkauften Stadtwerkezelt am Kemnader See hatten sie ein „Experiment“ geplant, das in der Tat nicht bei allen gut ankam.

Anke Engelke und Roger Willemsen: Das sind Namen, bei denen Applaus eigentlich schon zu Beginn programmiert ist. Doch ihr jüngster Auftritt begann mit einer Entschuldigung der Künstler. Im ausverkauften Stadtwerkezelt am Kemnader See hatten sie ein „Experiment“ geplant, bei dem Willemsen gleich befürchtete: Die Vorschusslorbeeren könnten schnell verspielt sein.

„Lieblingsmusik“ hatten Engelke und Willemsen den Abend genannt. Abwechselnd wollten sie Musiktitel einspielen und auf der Bühne ins Gespräch kommen. Doch die Crux bei der Lieblingsmusik ist: Was der eine als heißgeliebten Ohrwurm feiert, wird für andere eher zum verschmähten Endlos-Bandwurm. Bis zu sechs Minuten lange Stücke hatten die beiden Moderatoren im Vorfeld ausgewählt. Ihr Zielpublikum: Jazz-Liebhaber, Hörer von Weltmusik, Klassikfans, Menschen, die viel Zeit und viel Unvoreingenommenheit mitbringen.

Wie ein Damokleschwert

Denn die typischen Mainstream-Lieblinge, die „Everybody’s Darlings“, findet man auf den Listen von Willemsen fast wie nie. Und wenn sich bei Engelke plötzlich „Leider geil“ von Deichkind einschleicht, dann mehr als einer der seltenen humoristischen Versuche, das größtenteils ältere Publikum zwischendurch mal so richtig auf die Probe zu stellen.

Doch so eine Entschuldigung der Künstler vorab, die hängt erstmal wie ein Damoklesschwert über dem CD-Player und verbreitet Skepsis. Vor allem bei denjenigen, die etwa die von Willemsen angepriesene Freiheit des Free Jazz, der ja vom Live-Spiel lebt, bei den eingespielten Konserven nicht nachvollziehen können. Oder bei denjenigen, die beim Regenprasseln nicht die afrikanische Hitze der Weltmusik-Stücke heraushören. Und so verließen einige schon weit vor Ende des Programms das Zelt.

Ein bisschen Privates schimmert durch

Das improvisierte Gespräch und die Musik muss man mögen – sonst baut sich angesichts der nicht ganz günstigen Eintrittspreise Missmut auf. Das Zelt blieb aber bis zum Ende mehr als sehr gut gefüllt: Die Zuschauer ließen sich auf einen Abend ein, der mit jedem Stück auch ein bisschen Privates von den beiden Entertainern durchschimmern ließ. Fast wie beim Durchstöbern, der Plattensammlung eines Freundes.

Aber wie das auch bei Freunden eben ist: Der eine findet’s zum Pferdestehlen. Während ein anderer vielleicht betet, dass dabei bloß nicht der Disc-Jockey wieder die Zügel übernimmt.