Witten. . Die drei Medizinstudenten sollten eigentlich nur eine Fortbildung machen, als das Virus im Juli „ihre“ Klinik in Sierra Leone erreichte. Das Konzept, das sie daraufhin entwickelten und dann auch gleich umsetzten, ist nun Vorbild für das ganze Land.
Eigentlich sollte es nur eine Fortbildung in Tropenmedizin in Sierra Leone werden – Ebola schien noch weit weg. Dass das Virus in den vier Wochen ihres Aufenthalts bis zu „ihrem“ Krankenhaus nach Makeni vordringen würde, hatten die drei Medizinstudenten der Universität Witten/Herdecke nicht für möglich gehalten. Und doch kam es so.
Abhauen? Urlaub in der Hauptstadt? Für Till Eckert (22), Simon Scheiblhuber (27) und Nicolas Aschoff (23) waren das alles keine Optionen. Nach vielen intensiven Gesprächen stand für die drei fest: „Wir bleiben und helfen.“ Da die Studenten dabei jedoch nicht riskieren konnten und wollten, unmittelbar mit dem Erreger in Kontakt zu kommen, beschlossen sie, auf andere Art zu helfen: Sie entwarfen und bauten eine Isolationsstation.
Anschubfinanzierung mit dem eigenen Geld
„Da es Probleme mit der Finanzierung gab, haben wir die ersten Materialien als Anschubfinanzierung von unserem eigenen Geld gekauft“, sagt Till Eckert. „So konnten wir schnell anfangen.“ Und das war auch nötig. „Wir hatten gehofft, vor der Inbetriebnahme noch ein paar Tage Zeit für die Schulung der Ärzte, Krankenschwestern, Reinigungskräfte zu haben.“ Doch daraus wurde nichts. „Am Morgen nach der Fertigstellung der Station hatten wir die ersten Fälle im Krankenhaus. Dann mussten wir alles beschleunigen.“
Studenten bitten um Spenden für die Ebola-Hilfe
Um die Hilfe in Sierra Leone sicherzustellen, bitten Till Eckert und seine Kommilitonen um Spenden für die „Action Swiss Sierra Leone“. Hier die Daten:
Empfänger: Action Swiss Sierra Leone
Bank: UBS SA, 1260 Nyon, Schweiz, PC-Konto: CCP 80-2-2
BIC (Swift): UBSWCHZH80A, IBAN CH840022822855362761V
Als Stichwort bitte angeben: Ebola-Hilfe
Trotzdem funktionierte das von ihnen konzipierte Neun-Schritte-System zum sicheren Entkleiden auf Anhieb hervorragend. „Das Wichtigste dabei ist, dass wirklich alles Material, was in die Station hineingeht, sie nie wieder verlässt – außer zum Verbrennen. Und auch das muss unter strengen Sicherheitsauflagen geschehen.“
„Nur drei Studenten“
Ein eigenes Konzept entworfen und umgesetzt – und das mit großem Erfolg: Inzwischen gilt die Isolationsstation der Wittener als Vorbild für alle Stationen im Land. Dennoch bleibt Eckert bescheiden: „Sicher: Wir haben gute und präzise Arbeit geleistet. Aber wir sind nur drei Studenten. Das kann man nicht mit der großartigen Arbeit der Ärzte vor Ort vergleichen.“
Der 22-Jährige macht sich große Sorgen, wie die Betreuung der Kranken in Zukunft weitergehen wird: „Viele Krankenhäuser müssen schließen, weil die Europäer abgezogen werden“, klagt er. Die allgemeine Versorgung sei nicht mehr sichergestellt. Für Eckert ist das ganz klar der falsche Weg: „Keine Frage: Ebola ist eine Gefahr.“ Das Virus müsse schnell eingegrenzt werden. „Dazu aber muss man dort vor Ort Hilfe leisten.“
Desinfektion erfolgt mit Chlor
Und so funktioniert die Station: Sie verfügt über einen reinen Eingang und einen Ausgang. Betreten werden darf sie nur im vollen Schutzanzug, die Desinfektion erfolgt hauptsächlich mit Chlor.
Bei der Reinigung stehen die Ärzte und Pflegenden mit den Füßen in Eimern; selbst die bis zu drei paar Handschuhe, die gleichzeitig getragen werden müssen, müssen aufwändig nacheinander desinfiziert und entsorgt werden. „Besonders schwierig ist es, die Brille abzunehmen oder die Stiefel auszuziehen, ohne dabei kontaminierte Bereiche zu berühren.“ Doch auch dafür entwickelten die Wittener Studenten effiziente Methoden.
Vieles wurde improvisiert
Da nicht genügend Materialien vorhanden waren, um regelmäßige Ganzkörper-Spritzdesinfektionen durchzuführen, mussten die Studenten improvisieren. „Das hat sehr gut geklappt“, freut sich Till Eckert.
Nach Afrika aufgebrochen waren die Studenten ursprünglich, um den im Medizinstudium in Witten vorgeschriebenen praktischen Teil der Curriculumsanforderungen zu absolvieren. „Dass es aber so praxisnah werden würden, hätten wir vorher niemals gedacht“, schmunzelt der 22-Jährige.
Praxisnäher als gedacht
Besonders schwierig habe sich der Kampf gegen Ebola letztlich durch die oft ungenügende Aufklärung der Bevölkerung gestaltet. Till Eckert: „Es fehlt, gerade seit dem in Sierra Leone bis 2007 dauernden Krieg, an Wissen und Bildung. Viele Menschen glauben nicht, dass das Virus überhaupt existiert, weil sie es nicht sehen können. Sie glauben an ein Komplott, eine Verschwörung der Parteien.“ Dadurch würden zum Teil die Leichen von verstorbenen Angehörigen zur Totenwaschung aus den Krankenhäusern entwendet, was dann zu weiteren Infektionen führe. „Dazu fehlt das Geld, so dass viele Leute sich nur den Besuch von Natur- oder Wunderheilern erlauben können.“
Zudem habe es viel zu lange gedauert, bis die Spenden vor Ort angekommen seien, so dass auch massiv Chlor-Waschstellen gefehlt hätten. Umso dringender sei deshalb die Einrichtung von funktionierenden und kostengünstigen Desinfektionsstellen gewesen. „Wir haben – im Rahmen unserer Möglichkeiten – gerne geholfen. Es wäre schön, wenn noch viele andere die Menschen in den betroffenen Ländern ebenfalls unterstützen würden.“