Witten. . Mit einer üblen Masche machte sich ein 26-jähriger Witener an drei Jungen zwischen elf und 13 Jahren heran. Er gab sich in einem Internet-Chat als Mädchen aus, um sie so zu sexuellen Handlungen vor einer Kamera überreden zu können. Jetzt gab es die Quittung vor Gericht wegen Missbrauchs.

Ein 26-jähriger Wittener ist am Dienstag vom Bochumer Landgericht wegen Missbrauchs von drei Jungen im Alter von elf bis 13 Jahren zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte sich im Internet als Mädchen ausgegeben und die Kinder aufgefordert, vor einer Kamera sexuelle Handlungen vorzunehmen.

Während die Staatsanwältin die lange Anklage verliest, hat der Mann sein Gesicht in die Hände gestützt, der Blick ist starr, die Wangen tiefrot. Seinen Verwandten – Mutter, Vater, Bruder – hat er nichts vom Prozess erzählt. „Er schämt sich bis ins Mark“, sagte sein Verteidiger. Und: „Er ist erschrocken über sich selbst.“ Erschrocken über ein perverses, geradezu perfides „Spiel“, das er fast ein Jahr über eine Chatseite im Internet mit den Kindern trieb.

„Nina“, 16 Jahre, kam in einem Chatraum mit Jungen ins Gespräch, von ihr bekamen die Kinder Anweisungen, Nacktfotos und Videos von sich zu schicken. Später wollte „Nina“, dass sie sich vor der Webcam entblößen und befriedigen, was sie taten. Zwei Brüder – zum Tatzeitpunkt elf und zwölf Jahre alt – sollten sich gegenseitig befriedigen. Sie kamen auch dieser Aufforderung nach. Was die Opfer nicht wussten: „Nina“, die sich nie zeigte, war gar kein Mädchen.

Hinter dem Computer saß der 26-jährige in seiner kleinen Ein-Zimmer-Wohnung, angeblich war er stets betrunken. Tatzeitraum: September 2012 bis August 2013. An Einzelheiten konnte – oder wollte – er sich nicht erinnern. „Ich weiß auch nicht, was in meinem Kopf vorgegangen ist, Leute zu belügen“, sagte der Angeklagte. „Anscheinend hat es mir etwas gegeben.“

Er deutete seine Taten als Ersatz für misslungene Chats mit Mädchen. Schwul sei er nicht. Er habe mehrere Freundinnen gehabt, seit drei Monaten wieder eine. Zum Sex aber sei es noch nie gekommen. Seine Behinderung – er ist zu 90 Prozent schwerbeschädigt – ließ er als Ausrede nicht gelten. Diese hindere ihn nicht am Sex.

Wohnungsdurchsuchung im Januar

Das Anbaggern und virtuelle Missbrauchen der Jungen war also kein Akt der Befriedigung? Quasi nebenbei passiert, zwischen einer Wodkaflasche und der nächsten? So ganz glauben konnten die Richter der dritten Strafkammer das nicht. Er sei strategisch vorgegangen, sagte Richter Johannes Kirfel. Und die vier Opfer sollen bei Weitem nicht die Einzigen gewesen sein.

Aufgeflogen waren die perversen „Spiele“, als sich Kinder ihren Eltern öffneten. Die Chatprotokolle konnten ausgewertet und der Wittener über seine IP-Adresse – eine Art Fingerabdruck im Netz – ausfindig gemacht werden. Im Januar rückte die Polizei zur Wohnungsdurchsuchung an.

Dass es nun noch für eine Bewährungsstrafe reichte, lag vor allem an dem umfassenden Geständnis. Ansonsten hätten die betroffenen Kinder vor Gericht aussagen müssen.