Der Wittener Reptilien-Experte Bodo Haarmann kümmert sich um den Königspython, der sich tagelang in einem Opel in Bochum versteckt hatte. Die herrenlose Schlange ist bei dem Tierheilpraktiker derzeit in Quarantäne und macht eine Wurmkur. Danach will der Experte das Tier in gute Hände vermitteln.
Da liegt er nun, zusammengerollt zu einem Bällchen, den Kopf unter dem Schlangenkörper verborgen, auf dem Gartentisch von Bodo Haarmann. „Das machen Pythons so, wenn sie meinen, sich schützen zu müssen“, erklärt der Wittener Reptilien-Experte. Und wirft einen zärtlichen Blick auf das 1,20 Meter lange, herrenlose Tier, das in den vergangenen Tagen bundesweit für Schlagzeilen sorgte, weil es sich die Schlange in Bochum in einem Opel-Astra bequem gemacht hatte. Jetzt ist das Tier nach Witten umgezogen. Aber der Reihe nach.
Dragan Durmis hatte den Königspython – es handelt sich um ein Weibchen – am 27. Juli unter der Motorhaube seines in der Bochumer Zechensiedlung Dahlhauser Heide geparkten Wagens entdeckt. Polizei und Feuerwehr rückten an, konnten die Schlange aber nicht aus dem Auto fischen, weil die sich zwischen dem Motorblock und Kabeln verkeilt hatte. Haarmann: „Hätte man sie mit Gewalt herausgeholt, hätte man sie stark verletzt.“
Was niemand wollte. Daher wurde der Wagen in eine Desinfektions-Halle der Bochumer Feuerwehr geschleppt und unter Beobachtung gestellt. Um zu sehen, ob das Tier, das sich in den rechten Holm des Autos zurückgezogen hatte, den Wagen in einem unbeobachteten Moment verließ, wurde Paniermehl um das Fahrzeug verstreut. Schließlich kam eine Maus (sie lebt!) als Köder zum Einsatz. Am Tag fünf wagte sich der Python schließlich auf den Endtopf des Auspuffes und konnte dort eingefangen werden.
Die Feuerwehr Bochum übergab das Tier erleichtert an Bodo Haarmann, der von Polizei und Feuerwehr stets zu Hilfe gerufen wird, wenn es um Schlangen, Vogelspinnen, Skorpione und Co. geht. In einer Pappschachtel transportierte er das ihm anvertraute Tier nach Witten, wo es jetzt bei ihm zuhause in einem Terrarium lebt. Zusammen mit einer 1,60 Meter langen Boa, von dieser aber – der guten Nachbarschaft wegen – durch ein Glas getrennt. Die Boa ist im übrigen nur ein Feriengast.
„So ein Tier lässt sich aus einem offenen Fenster in die Tiefe fallen“
Dem Königspython, dessen Alter Haarmann auf vier bis fünf Jahre schätzt, hat der Fachmann erst einmal eine Wurmkur verordnet. Nach einer mindestens zweimonatigen Quarantäne will er die ungiftige Schlangendame, die in freier Natur in Afrika, „vor allem in und um Ghana herum“ lebt, in liebevolle Hände abgeben.
Ob die Schlange ausgesetzt wurde oder einfach selbst entwischte – Haarmann hält beides für möglich. „So ein Tier hat ja keine Höhenangst. Das lässt sich sogar aus einem offenen Fenster in die Tiefe fallen.“ Einen Sturz aus dem ersten Stock würde so ein Python gesundheitlich wohl gut verkraften, meint der Fachmann. Fest steht, einen deutschen Herbst und Winter hätte die Schlange draußen nicht überlebt. „Sie braucht eine Mindesttemperatur von 24 Grad.“ Sein Bochumer Tier, so sagt Haarmann, sei gut genährt und habe von ihm noch nicht gefüttert werden müssen. „Verschlingt ein Python etwa eine Maus, ist er davon zwei, drei Wochen satt.“
Der Reptilien-Experte mit eigener Praxis ist übrigens so einiges gewohnt. Abends um 22 Uhr ist der Mann einmal nach Stockum gerufen worden. „Da war ein 5,20 Meter langer Felsenpython in einer Wohnung entwischt. Haarmann machte das extrem bissige Tier unter der Wohnzimmercouch aus – und nahm es gleich mit. „Weil die Leute die Schlange sonst ausgesetzt hätten. Sie wollten sie nicht mehr.“ Das Tier konnte er in eine Schlangenfarm vermitteln.
Über fünf Meter langer Felsenpython lag unter der Wohnzimmercouch
Der Heilpraktiker betont, dass 80 Prozent der Reptilien-Freunde, mit denen er zu tun hat, sachkundige Menschen seien, denen das Wohlergehen ihres Tieres sehr am Herzen liege. „Bei 20 Prozent ist das leider anders. Die wollen sich mit so einem Tier schmücken.“
Erfährt Haarmann von einer „desolaten Haltung“ gibt er dies „an die zuständigen Stellen“ weiter. „Denn ein Tier sucht sich schließlich keinen Menschen aus, das ist immer umgekehrt.“