Der Verein „Initiative Stadttauben“ kümmert sich um verletzte und hungernde Exemplare in der Innenstadt. Trotz begrenzten Mitteln und häufiger Gegenwehr von Mitbürgern engagieren sie sich weiter
Dürr und ausgemergelt schaut die graue Brieftaube aus dem kleinen Transportkorb. „Die wurde uns gerade vorbeigebracht, sie ist orientierungslos in der City herumgelaufen“, sagt Lilo Elles betrübt. Mit ihrem Verein Initiative Stadttauben setzt sie sich für die Vögel ein. Die Mitglieder päppeln kranke Tiere auf, betreuen den Taubenturm im Lutherpark und versorgen Jungtiere. Verständnis und Unterstützung von Mitbürgern wird dem Verein dennoch nur selten entgegengebracht – gerade weil er sich für die ungeliebten Stadttauben einsetzt. Vereinsmitglied Susanne Landmann spricht sogar von „vielen Taubenhassern“.
Lilo Elles nimmt die schwache Taube aus der Kiste und zeigt auf den dürren Unterleib. Der Brustbeinkamm tritt deutlich hervor. „Ist das nicht traurig? Das tut mir richtig weh“, sagt die Wittenerin und streichelt das graue Federkleid. Vorsichtig lässt Elles das Tier zu seinen Artgenossen in die Voliere flattern. Der kleine Taubenschlag befindet sich in Susanne Landmanns Garten. Seit einem Jahr nimmt sie vor allem Jungtiere auf – 15 Tauben hatte sie schon. „Das sind die, die wir in der Stadt aus den Nestern holen. Ich mache sie dann fit für den Taubenturm im Lutherpark“, erklärt die 61-Jährige. Das heißt: Zweimal am Tag füttern und vor Katzen schützen.
Tiere liegen ihr am Herzen
Immer wieder rufen Tierärzte, Bürger und Feuerwehr bei Lilo Elles an, um verletzte Vögel zu melden. Dann steht die Vorsitzende vor einem Problem: Die Mittel sind bei 40 Mitgliedern (davon nur vier aktive) begrenzt. Aber Vögel ablehnen? „Die Tiere haben einfach keine Lobby und sie leben so armselig“, sagt Elles. Man merkt, wie sehr ihr die Tiere am Herzen liegen. Aber alles geht halt nicht.
Und dann ist da noch das Grundproblem: Viele Mitbürger haben wenig Verständnis für Tier und Engagement. „Die Tiere werden getreten – teils auch bewusst. Und wenn Tauben gefüttert werden, wird man beschimpft oder sogar angezeigt“, so Elles resigniert. Die Reaktionen mancher Bürger seien nicht hinnehmbar. „Daher plädieren wir für genehmigte Futterplätze“, sagen die beiden Damen. Denn tatsächlich ist das Füttern in der Innenstadt verboten. Die Unterstützung der Stadt sei bislang jedoch verhalten gewesen. „Die Folge sind leidende Tauben.“