Witten. . Die Islamische Gemeinde Herbede lädt zu Speis und Trank ein – nach Sonnenuntergang. Der neue Hodscha Ali Ünal eröffnet das Fest kurz vor 22 Uhr. Sonnenaufgang ist lange her: um 5.21 Uhr durften die Muslime den letzten Bissen zu sich nehmen. Der Fastenmonat Ramadan endet am 28. Juli.

Während die rote Sonne den Horizont berührt, stauen sich Autos auf der Zufahrt zum Ruhrtal 5a: Es ist Ramadan, die Fastenzeit der Muslime. Die Islamische Gemeinde Herbede hat zum Fastenbrechen eingeladen – nach dem Sonnenuntergang um 21.48 Uhr.

Rund 200 Gäste, die meisten aus der Gemeinde, sind der Einladung gefolgt. Alle werden herzlich begrüßt. Besucher sind wochentags zum Fastenbrechen stets willkommen, betont der Sprecher der Islamischen Gemeinde Herbede, Suhat Gülsever. Auf den Tischen stehen Getränke sowie Teller mit Salat und süßer Kuchen bereit – doch noch ist es nicht soweit. Auch wenn viele Mägen grummeln, Sonnenaufgang ist lange her: um 5.21 Uhr durften die Muslime den letzten Bissen zu sich nehmen. Auch getrunken wird tagsüber nicht, außer man ist krank, zu jung oder arbeitet, erklärt Suhat Gülsever. „Die Gesundheit geht vor“, sagt er.

Das Fastenbrechen beginnt nicht mit dem Verschwinden der Sonne. Der Hodscha eröffnet es mit seinem Gebetsaufruf. Am Sonnabend ist es 21.58 Uhr soweit. Seit drei Wochen haben die Herbeder Muslime einen neuen Hodscha, Ali Ünal (36). Für maximal fünf Jahre ist er mit Frau und drei Kindern nun hier, so sind die Regeln für die Vorbeter.

Die Köchinnen dürfen nicht probieren

Das Küchenteam bringt Linsensuppe, später folgen Köfte, Kichererbsen und Reis. Aber los geht es mit Datteln: „Das ist Tradition“, erklärt der Gemeindesprecher. Köche und deren Helfer haben den schwersten Job: Seit 14 Uhr stehen sie an den Töpfen – und dürfen nicht einmal probieren. „Die haben das im Gefühl“, beruhigt Suhat Gülsever. Tatsächlich schmeckt alles deliziös. Auch Tee und Kaffee.

Der Fastenmonat Ramadan verschiebt sich jedes Jahr um zehn Tage. Jetzt und in den nächsten Jahren fällt er in die längsten Tage. „Zuerst ist es schwer, aber man gewöhnt sich daran“, findet Suhat Gülsever. Im Hochsommer müssen die Fastenden darauf achten, genug zu trinken. Aber er selbst freut sich am meisten auf die Zigarrette: Auch Rauchen ist im Ramadan tagsüber untersagt.

Zwei Frauen im Gemeinde-Vorstand

Die Frauen sitzen von den Männern getrennt. „Wir haben sie gefragt, sie wollen unter sich bleiben“, erklärt der erste Gemeindevorsitzende Sennol Bilsin. Das ist glaubwürdig, was Frauenrechte angeht, gilt die seit 1990 existierende Herbeder Gemeinde als fortschrittlich. So sind im Vorstand zwei Frauen. Das bestätigt der evangelische Islambeauftragte Wolfram Obermanns, der die Zusammenarbeit lobt: „Hier läuft der islamisch-evangelische Dialog.“ Auch die Muslime fühlen sich wohl. „Ich bin vor 42 Jahren hier geboren worden und habe noch nie irgendwelche negativen Dingen erlebt“, sagt Suhat Gülsever auf Nachfrage.

Nach dem Fastenbrechen geht Hodscha Ali Ünal in die Moschee, viele folgen. Andere schauen sich das Spiel Niederlande-Costa Rica an, mit Elfmeterschießen bis spät in die Nacht. Viele davon werden trotzdem vor Sonnenaufgang wieder auf den Beinen sein, um zu essen und vor allem zu trinken. „Die meisten legen sich dann nicht noch mal hin“, weiß Suhat Gülsever. Ein Ende ist aber in Sicht. Am 28. Juli ist der Ramadan vorbei.