Witten. . Für die Arbeiter und Vertriebenen von Crengeldanz und Sonnenschein wurde 1964 die Christuskirche gebaut. Noch immer herrscht hier, wo die Creative Kirche aufwuchs, reges Leben. Der Umbau der Innenraums aber erregte die Gemüter der Gemeindemitglieder.
Warum gibt es die Christuskirche? Weil es in der Nachkriegszeit zunehmend mehr evangelische Christen gab – die in die Neubaugebiete am Crengeldanz und am Sonnenschein zogen. Weil es dadurch auf den Gottesdienstbänken in Johannis zu eng wurde. Und, so ist es schriftlich hinterlegt, „weil der Kraftfahrzeugverkehr auf der Crengeldanz-Hauptstraße derart anstieg, dass er den Kirchgang vom Crengeldanz in die Innenstadt erheblich behinderte.“
In der heutigen mobilen Zeit kann man dieses Argument kaum nachvollziehen. Man wollte nach Martin-Luther, Johannis und Oberkrone eine vierte evangelische Kirche in der Innenstadt und dank des Bemühens von Pfarrer Wolf Meydam und Kirchmeister Heinrich Vierheller wurde vor 50 Jahren, am 12. April 1964, der Grundstein für die Christuskirche gelegt. Der Bau polarisiert – damals und heute. Gleichzeitig kann man ihn als Keimzelle für viele junge, frische Ideen sehen. Die Gemeinde jedenfalls feiert, ab Sonntag bis Ende des Jahres.
Gemeinde feiert an drei Terminen
Der Grundsteinlegung (12. April 1964) gedenkt man am Sonntag, 13. April, 11 Uhr in einem Festgottesdienst. Es spielt der Posaunenchor des CVJM. Der langjährige Kirchmeister, Reinhard Alter, und der Sohn des damaligen Gemeindepfarrers Jan Meydam berichten.
Als weitere Festakte sind ein Gemeindefest vom 13. bis 15. Juni anlässlich des Richtfestes (5. Juni 1964) und das 50. Kirchweihfest am Sonntag, 13. Dezember geplant.
3500 Mitglieder zählt die Gemeinde zurzeit und mit ein wenig Stolz kann Pfarrer Christian Uhlstein sagen, dass es in der Christuskirche selten leere Reihen gibt. Aber dieser liturgische Akt entspricht hier schon lang nicht mehr dem Altbekannten: Unter der treibenden Regie von Baukirchmeister Gerd Pohlmann wurde die Backsteinhalle Ende der 90er Jahre innen neu gemacht: Der schwere Altar kam aus der Kirche raus, eine Bühne in den Altarraum rein. Helle Fenster erhellen nun diese „Veranstaltungshalle“. Vor allem erfolgte der Umbau für den Mitnutzer Creative Kirche, die an der Sandstraße groß wurde.
Die Kriegsgeneration hatte noch den leidenden Christus vor Augen, darum war die Kirche erst sehr dunkel gehalten, um eine entsprechende Gebetsatmosphäre zu schaffen, erinnert sich Pfarrer Uhlstein. „Der Umbau ist ein Tribut an die neue Gemeindeentwicklung. Und auch wenn die Gründergenerationen diese Veränderung nicht gut heißt: Sicher hätte sie eine volle Kirche gewollt.“
Musik spielte an der Sandstraße schon immer eine große Rolle. Bereits unter Pfarrer Meydam fanden in der Kirche Tanzabende mit Beatmusik statt – da ging es wohl ähnlich hoch her, wie wenn die Creative Kirche ihre Gospel-Gottesdienste hält, oder wenn sonntags beim „GoBrunch“ 200 Gläubige in der Hallenkirche frühstücken.
Die Grundsteinlegung mit 1850 Gästen jedenfalls war „ein richtiges Volksfest“, sagt Sigurd Raffling, der als 14-Jähriger dabei war. Witzigerweise spielte er „Lobe den Herren“ mit dem CVJM-Posaunenchor, in dem er heute Vize-Vorsitzender ist. Am Sonntag, 13. April, wird es eine Neuauflage der Bläser geben.
Raffling (64) erinnert sich vor allem an Pfarrer Meydam. „Er war seiner Zeit 20 Jahre voraus“, beschreibt er den gutaussehenden Mann, der die Leute so begeistern konnte. Seine Schäfchen waren Arbeiter, darunter viele Vertriebene. Mit Kleinigkeiten ging er auf sie ein: Beim Abendmahl etwa wurden Kniekissen verteilt – in Osteuropa war es üblich, das Abendmahl kniend einzunehmen. „Die Leute haben sich bei ihm zu Hause gefühlt“, glaubt Christian Uhlstein. Und: Er war auch oft bei ihnen zu Hause. „Wenn ich heute auf Hausbesuche gehe, höre ich überall: Der alte Pastor, der war aber öfter hier.“
Chronologie des Kirchbaus
Federführend für die Errichtung der Christuskirche war neben Kirchmeister Heinrich Vierheller der seit 1958 am Crengeldanz wirkende Pfarrer Wolf Meydam.
Durch eine Gemeindereform im Jahr 1955 stand der neu strukturierte Bezirk am Crengeldanz als einziger in Witten ohne eigene Versammlungsstätte da. Das Presbyterium fasste am 6. April 1960 den Beschluss, die Kirche zu errichten.
Im Jahr 1963 wurde durch Spenden der Gemeindeglieder bereits der frei stehende Kirchturm errichtet. Ab Frühjahr 1964 wurde dann an der Kirche gebaut. Als Architekt hatte Herwarth Schulte für den Kirchbau den Zuschlag bekommen, der sich bereits durch den Wiederaufbau der Dortmunder Reinoldikirche in den Jahren 1947 - 1957 einen Namen gemacht hatte – und im Ruhrgebiet mit der Errichtung mehrerer moderner Kirchbauten auf Erfahrung mit dem Sakralbau nach Zweiten Weltkrieg zurückgreifen konnte.
Das ganze Jahr über wurde fleißig gebaut, so dass am dritten Advent, den 12. Dezember 1964, das Kirchweihfest gefeiert werden konnte und die von der Firma Rinker in Sinn gefertigten Glocken eingeweiht wurden. In den Jahren danach folgten weitere Bauabschnitte. Insgesamt 14 Jahre lang wurde an Turm (1963), Kirche (1964), Gemeindehaus Altbau (1968), Kindergarten (1971) und Gemeindehaus Neubau (1977) gebaut.