Witten. . FZK-Chef Wilfried Perner schaut gerne im Hafen Heveney vorbei. Dort treffen sich die Rentner zum Klönen. Sie packen aber auch mit an, wenn’s nötig ist.
Kanada-Gänse haben sich auf dem Radweg breit gemacht und zeigen keine Regung, als ein versprengter Radfahrer naht. Natur und Mensch sind noch versöhnt. Ein einsames Jogger-Pärchen läuft sich den Schlaf aus den Beinen. Eine junge Inlinerin genießt die freie Bahn. Jeder hat im „Drei-Strom-Land“ seine eigene Spur.
Etwas unwirklich wirkt diese Ruhe am Freitagvormittag bei Heveney. 1,5 Millionen Besucher rund ums Jahr hat der See, ohne das Zeltfestival (120 000). Morgens traben die Jogger, abends skaten die Inliner, die ihre Runden dank LED-Laternen bis 22 Uhr, freitags und samstags bis 23 Uhr drehen können. Am Wochenende haben die Familien den See in der Hand, samstags ab 15 Uhr, sonntags schon ab 11 Uhr wird’s richtig eng.
„Am schönsten ist es morgens“, findet Wilfried Perner, der seit neun Jahren die Geschicke des Freizeitzentrums Kemnade lenkt. Dass sich gerade die Schleusen des Himmels öffnen, ist Künstlerpech. Dafür trifft man unter diesen Gegebenheiten die Stammgäste und die Hartgesottenen. Wolf Klusmeier gehört dazu. Der Bochumer (75) hat sich mit der Rente einen Einhandsegler angeschafft, kommt dreimal die Woche zum See, hat im Hafen einen Liegeplatz, trifft dort Gleichgesinnte. „Die Segelstrecke ist sehr angenehm“, sagt Klusmeier. Drei Kilometer sind es bis zum Wehr, die man beim gängigen Südwestwind hochkreuzt, vor dem Wind geht’s zurück. Zwei bis drei Stunden dauert ein Törn. Danach sitzt er oft noch mit fünf Seglergenossen zum Klönen zusammen.
Freizeitzentrum hat 97 Mitarbeiter
Der Hafen ist ein Lieblingsplatz von Wilfried Perner. „Das ist hier so ‘ne richtige Familie, man kennt sich, sitzt zusammen, die Leute passen ein bisschen mit auf und helfen, wenn’s nötig ist.“ Die Rentner-Gang holt auch schon mal den Müll aus der Böschung. „Einer ist schon über 80, zu seinen besten Zeiten ist der rausgeschwommen und hat Treibgut reingeholt, da hatten wir alle Spaß.“ Die Stammbelegschaft des Hafens lädt er auch immer zur Weihnachtsfeier ein. Die ist kein Kaffeekränzchen. 97 Mitarbeiter hat das Freizeitzentrum, Saisonkräfte eingeschlossen.
Zu Fuß um den ganzen See ist Perner schon lange nicht mehr gelaufen. Mit dem Rad oder mit dem Auto („ganz langsam natürlich“) steuert er, wenn’s sich ergibt, seine Favoriten wie das Stranddeck („das war mein erstes Baby“) oder den neuen Biergarten in Oveney an. Privileg eines FZK-Chefs ist es auch, mal eben mit dem Arbeitsboot MS Oveney II rüber zur Halbinsel zu schippern, um dem Reporter „mein dickstes Baby“ zu zeigen. Das grün-weiß-gestreifte Leuchtturm auf der Spitze, ist nicht nur ein schönes Fotomotiv. Mit der Signalstation gegenüber ist er auch „eine voll funktionsfähige Hafeneinfahrtsbefeuerung“, an der die Schüler der Wassersportschule lernen, wie’s auf See zugeht. Schon gewusst? Der Turm funkt auch das Wittener Kachelmann-Wetter zum Wetterdienst Meteomedia.
Der „Bochumer Jung“ Wilfried Perner war als Kind schon an der Ruhr unterwegs, lang bevor der Stausee gebaggert und 1980 eröffnet wurde. Etwa am heutigen Heveney-Parkplatz „waren damals noch die Ölteiche“ – das Klärwerk.
Mit 68 schätzt er sich weiterhin einen Glückspilz, dass er nach Beamtenlaufbahn und dem Management von Ruhrlandhalle und Ruhrkongress (1975 - 2005) die Leitung des FZK übernehmen durfte. „Ihre Hobbys?“ – „Hier zu arbeiten, daran habe ich einfach Spaß.“
Ein Ende ist deshalb auch frühestens in Sicht, wenn auch „mein teuerstes Baby“ flügge ist: die 4 Mio Euro schwere Inlinerbahn harrt noch der offiziellen Eröffnung.