Witten. . In 400 Jahren wurden 80 Orgeln in Wittener Kirchen eingebaut. 40 davon werden heute noch benutzt. Eine der imposantesten ist jene in der Marien-Kirche. Kantor Dr. Christian Vorbeck hat jetzt zur Wittener Orgelgeschichte ein Buch geschrieben.

Machtvoll erfüllen ihre Klänge den riesigen Raum: Kantor Dr. Christian Vorbeck zieht die Register der imposanten Orgel in der Marien-Kirche. Der 37-Jährige spielt an diesem Abend Variationen des Liedes des Heiligen Josef, während 25 Zuhörer andächtig lauschen.

„In der Vierung haben Sie den besten Klang“, hatte vorher Pastor Reinhard Edeler während des Rundgangs durch „sein“ Gotteshaus gesagt. Das ist 166 Jahre alt, die Orgel wird dieses Jahr fünf. „Es ist die Drittgrößte im Bereich des Erzbistums Paderborn“, führt der katholische Pfarrer aus, „sie entwickelt sich immer mehr zum kirchenkulturellen Zentrum der Region“. „Der Einbau war eine Herausforderung für Statiker und Architekten“, betont Edeler. Für die Gemeinde bleibt die Orgel auf Jahre eine Herausforderung, denn sie kostete 1,5 Millionen Euro. „Aber das ist keine Frage der Rentabilität oder der Kosten-Nutzen-Rechnung“, betont der Pfarrer.

Die Orgel der Marienkirche stand im Mittelpunkt des 14. Wittener Archivforums. Nach der Führung durch das Gotteshaus stellte Christian Vorbeck sein neues Buch vor, „Die Orgeln der Stadt Witten“. Auf 124 Seiten widmet er sich rund 80 Orgeln, die in den 400 Jahren bis 2009, dem Jahr des Einbaus der Marienorgel, in der Ruhrstadt ertönten. Aufwändig sei das gewesen, die Quellen zu sichten, blickte er auf seine Arbeit zurück. „Das geht natürlich nur, wenn man nicht auf die Wirtschaftlichkeit des Projektes angewiesen ist“, erklärte er. Die Finanzierung übernahm die Kirchgemeinde. Falls über den Buchverkauf ein Gewinn erzielt wird, kommt dieser der Marienorgel zugute, betonte der Kirchenmusiker.

Großes Angebot an Gebrauchtorgeln

Die Marienorgel ist eine von 80 der Kirchenmusikinstrumente, zu denen Christian Vorbeck Informationen hervorsuchte. „Erstaunlich, wie viel man doch in den Archiven findet“, freute sich der Kantor. Er führte aus, dass es, je nach der Bevölkerungsentwicklung der Stadt, aber auch nach der Entwicklung der Orgeltechnik, immer wieder Phasen gab, in denen verstärkt neue Orgeln in den Wittener Kirchen angeschafft wurden. Auch Weltpolitik spielte eine Rolle, so gab es wegen der Zerstörungen durch Bomben und Nazis nach 1945 bis in die 70er Jahre hinein zahlreiche Orgelneubauten. Die bisher letzte neue Orgel war dann die der Marienkirche, vor fünf Jahren. „Es ist die bis dato größte neue Orgel in Witten“, erklärte der Kantor.

Und die derzeit schrumpfenden christlichen Gemeinden, die zu Kirchenschließungen führen, bewirken, dass es „keinen Bedarf an neuen Orgeln“ gebe, bedauerte Christian Vorbeck. Das habe auch eine andere Konsequenz: „Das gab es noch nie, einen solchen Markt an Gebrauchtorgeln.“ Ob damit die Geschichte des Orgelbaus in Witten beendet sei, mutmaßte er -- worauf Reinhard Edeler einwarf: „Dann haben immerhin wir sie beendet.“