Witten. . Eiscafé wechselt nach 34 Jahren eine Hausnummer weiter. Die Außenterrasse bleibt und wird vergrößert. Gäste können dem Chef künftig beim Eismachen zuschauen.
Riccardo Simonetti hat gründlich nachgedacht. Er ist 63 und könnte bald aufhören. „Aber ich fühle mich noch zu jung, um mit dem Stock durch die Stadt zu gehen.“ Da hängt er lieber noch, sagen wir, zehn Jahre dran.
Das Eicafé, das der Gelatiere (Eismacher) aus den italienischen Dolomiten mit Ehefrau Nadia seit 34 Jahren an der Ruhrstraße betreibt, zieht um: von Nr. 18 nach Nr. 20. Was so läppisch klingt, ist für die Simonettis ein langfristiges finanzielles Engagement. Fast eine halbe Million investieren sie. Man nimmt es ihnen sofort ab: „Wir lieben Witten, und wir glauben an die Zukunft der Ruhrstraße.“
Alles, was die Kunden an dem Eiscafé schätzen, soll erhalten bleiben: allen voran das Personal mit bis zu zehn Beschäftigten in der Saison, und natürlich die vierzig Eissorten, die der Chef nach traditionellem Eismacher-Handwerk selbst herstellt. Darauf kommen wir noch zurück. Auch die rückwärtige Sonnenterrasse gegenüber der Polizei, an deren Gestänge sich eigene Traubenreben ranken, bleibt erhalten – trotz des Umzugs.
Alte Außenterrasse wird an neue angebunden
Das Eiscafé wechselt zwei Lokale weiter, der Modeladen „Lady Chic“ in der Passage bleibt. Das neue Café soll möglichst im Mai oder Juni eröffnet werden. Bis dahin läuft das alte weiter.
Die zusätzliche Außenterrasse mit Markise schließt sich hinten niveaugleich ans neue Café an. Über drei Stufen wird die bestehende Außenterrasse an die neue angebunden.
Aber es soll auch alles besser werden, was im alten Lokal für Kunden und Personal beschwerlich war. Der lange „Schlauch“ in der Hochkeppel-Passage, so benannt nach einem Feinkostgeschäft, hat seine Tücken. Bei fünf Metern Breite, ein gängiges Reihenhaus, und Stufen in der Mitte ist kein Durchkommen mehr, wenn dort ein Kinderwagen oder Rollator zu viel steht. Hinter der Theke ist „berührungsfreies Arbeiten“ kaum möglich. Die Toiletten sind im Keller und nicht nur die: Dort ist auch die Eisküche mit drei großen Eismaschinen untergebracht: Alle Zutaten müssten hinunter geschleppt werden. Jeden von bis zu 25 Eiskübeln täglich tragen sie dann wieder einzeln hoch.
Neues Lokal bietet viel mehr Platz
Das neue Lokal ist mehr als doppelt so breit: Nr. 20 beherbergte Gardinen Vogt, dann Schlecker, zuletzt einen Geschenkartikelladen. Die Simonettis, bisher in der Passage zur Miete, haben das Parterre von Nr. 20 erworben, um dort ihre Vorstellung von einem zeitgemäßen Eiscafé zu verwirklichen. Natürlich wird alles großzügiger, geräumiger und barrierefrei mit gedachten Bereichen für die Kinderwagenmütter, das Mittelalter und die Kaffeekränzchen. Auch für eine Behinderten-Toilette ist Platz.
Charakter bildend
Schemmann gegenüber schloss nach 139 Jahren. Bei Gardinen Arldt & Co. nebenan fiel der letzte Vorhang nach 52 Jahren. Auch wenn jede Aufgabe eigene Gründe hat, ist jede ein Verlust: Inhabergeführte Geschäfte geben einer Straße Charme und Charakter, die keine Kette bieten kann, kein Sonnenstudio, kein Spielcasino.
Das Bekenntnis der Simonettis zur Ruhrstraße ist ihnen hoch anzurechnen. Selbstständige mit Mut und guten Ideen braucht jede Einkaufsstraße. Aber in mancher Branche kämpfen sie gegen Windmühlen. Kaufleute sind eben auch auf Kaufkraft angewiesen. Schön, dass man sich sein Eishörnchen noch nicht online bestellen kann.
Der Clou aber wird, dass das Wesentliche in den Mittelpunkt rückt: Die Eisküche wird ins Café eingebaut. Sie wird zwar abgetrennt, hygienehalber, aber auch weil Aromen wabern und die Rührmaschinen nicht geräuschfrei arbeiten. Durch ein Fenster gewährt Simonetti aber Einblick in seine Manufaktur. „Die Gäste können sehen, wie ich das Eis selber mache.“
Angenehmer Nebeneffekt: Der Eismacher muss nicht mehr halbe Tage im Keller verbringen.