Witten. . Ein 58-Jähriger Handy-Verkäufer und Betreiber eines Schlüsseldienstes soll eine ehemalige Angestellte (35) geküsst und an die Brust gefasst haben. Dem Gericht waren die Aussagen des mutmaßlichen Opfers „zu vage“. Das Verfahren ging durch drei Instanzen und dauerte fast zwei Jahre lang.

Ein ehemaliger Handy-Verkäufer aus Witten ist am Montag vom Bochumer Landgericht endgültig vom Vorwurf der sexuellen Nötigung einer Mitarbeiterin freigesprochen worden. Das Verfahren beschäftigte drei Instanzen fast zwei Jahre lang. Der 58-Jährige brach nach dem Urteil in Tränen aus.

Ende April 2012 war der Betreiber eines Schlüsseldienstes, der damals direkt nebenan einen Handy-Laden betrieb, vom Wittener Amtsgericht zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Es war überzeugt, dass er eine damalige Angestellte (35) gegen ihren Willen geküsst und an die Brüste gefasst hatte.

In der Berufungsinstanz wurde er freigesprochen, weil Zweifel an Zeugenaussagen bestanden. Damit nicht genug: Die Staatsanwaltschaft ging in Revision, das Oberlandesgericht Hamm hob den Freispruch aufgrund von Verfahrensmängeln wieder auf.

Am Montag wurde der Fall vor der 15. Strafkammer komplett neu aufgerollt. „Er hatte mich an einen Metallschrank gedrückt, mich am Hals und auf den Mund geküsst, meine Brüste angefasst“, sagte das mutmaßliche Opfer mit schwerer Stimme.

Ihr Chef habe sie unter dem Vorwand eines Gesprächs ins Lager gebeten. An weitere Übergriffe, in denen in den Vorinstanzen noch die Rede war, konnte sie sich nicht erinnern. Auch an den Zeitpunkt der Tat nicht, den sie zuvor genau zu Protokoll gegeben hatte. Dabei bietet gerade dieser Futter für Diskussionen.

Vorwürfe nur eine Retourkutsche?

Am 1. September 2011 soll der 58-Jährige den angezeigten Übergriff begangen haben. Doch da sei er gar nicht in Witten gewesen, sondern in Hagen, wo er einen weiteren Schlüsseldienst eröffnet habe, beteuerte der Angeklagte am Montag erneut.

Außerdem habe er nie Interesse an seiner Angestellten gehabt. Möglicherweise seien die Vorwürfe nur eine Retourkutsche, weil er die 35-Jährige wegen angeblichen Betruges angezeigt hatte, vermutet er. Sie soll ihn um 5000 Euro erleichtert haben.

Am Ende waren Richter Andreas Bock die Aussagen des mutmaßlichen Opfers „zu vage“. „Selbst wenn man ihr glauben wollte - darauf lässt sich ein Urteil einer Gewalttat nicht stützen.“ Andere Hauptbelastungszeugen gibt es nicht. Bock machte keinen Hehl daraus, dass es unwahrscheinlich sei, dass alles erfunden sei. Irgendetwas sei sicher passiert - „wir werden aber nie erfahren, was“.