Witten. . Geheizt wird hier ohne Rücksicht auf Verluste. Auf dee Anliegerstraße Stockumer Bruch gilt Tempo 30. Autofahrer halten sich nicht daran und nutzen die Ost-Westverbindung als Abkürzung. Die Anwohner setzen nun auf ein Durchfahrtverbot.
Die Anwohner der Straße Stockumer Bruch haben die Faxen dicke. „Hier wird geheizt ohne Rücksicht auf Verluste“, schimpft Alexander Lipka, „und zwar seit Jahren. Es wird immer schlimmer“.
Ein Treffen mit unserer Redaktion vor Ort macht deutlich: Die Schumis der Nation haben hier ihr ideales Außenrevier gefunden. Dabei ist die Rennstrecke nicht nur eine Anliegerstraße, sondern auch als Tempo-30-Zone beschildert und zusätzlich mit großen 30er-Piktogrammen auf dem Asphalt versehen. Jene, die dort rasen, setzen sich bewusst über Regeln hinweg. Anwohner fahren nun harte Geschütze auf: Sie fordern die Sperrung der Durchfahrt – mit abschließbaren Pollern.
Täglich dem Herzkasper nahe
Wer den Heizern, die besonders zu Stoßzeiten morgens und nachmittags gerne das Gefälle der Ost-West-Verbindung nutzen, um so richtig Gas zu geben, ein sichtbares Zeichen zur Geschwindigkeitsreduzierung gibt, muss mit bösen Gesichtsausdrücken und obszönen Handzeichen rechnen. „Manche setzen zurück und bedrohen einen sogar“, weiß Lipka, der von rasendem Durchgangsverkehr spricht.
Britta Hagemeister hat zwei kleine Kinder, sie ist jeden Tag mehrmals dem Herzkasper nahe. Auf dem Stockumer Bruch gibt es keine Straßenmarkierung und keinen Fußgängerweg. Wer sich von A nach B bewegt, muss die Fahrbahn nutzen. Ein Himmelfahrtskommando ist das Einsteigen ins Auto, das am Straßenrand geparkt werden darf. „Es gibt keinen Puffer“, sagt die junge Mutter, „die Kinder stehen direkt auf der Fahrbahn, ich habe jedes Mal Herzklopfen.“
Die wollen die Wege abkürzen
Alexander Lipka geht davon aus, dass die meisten Autofahrer die Anliegerstraße zwischen Hörder Straße und Baroper Straße als Abkürzung nehmen. „Die wollen die Wege abkürzen, wenn sie zu Ostermann, Bauhaus, Ikea, Media Markt oder in die Metro fahren.“
Dass hier nur Anlieger fahren dürfen, schert keinen. „Muss denn erst etwas passieren, bis sich etwas ändert“, sorgt sich der Anwohner. Sein Nachbar Fred Schellenberg, der noch nicht mal rückwärts in seine Einfahrt setzen kann, ohne dass die hinter ihm fahrenden Heizer in seinem Kofferraum sitzen, erinnert an den Unfalltod eines kleinen Jungen vor 20 Jahren auf der Bergerstraße am dortigen Kindergarten. „Zehn Jahre haben wir mit einer Elterninitiative um eine Ampel gekämpft. Erst als ein Kind tot war, reagierte die Politik.“
Die Stadt weiß um das Problem, Sprecherin Lena Kücük nennt die Situation dort gar „haarsträubend“. Man habe als Stadt mit Schildern, Blitzaktionen und Piktogrammen getan, was man tun könne. „Aber es hat nicht zur Verbesserung geführt.“ Jetzt sei das Ende der ordnungsbehördlichen Mittel erreicht, sei die Politik am Zug.
Ein Komplettumbau wäre wohl die Giga-Lösung. Dann kämen allerdings eine teure Anliegerbeteiligung ins Spiel und natürlich der Nothaushalt. Und die Poller-Lösung? Auch da gibt's Zweifel. Immerhin wohnen 212 Menschen an der Straße, dann müssten 212 Schlüssel verteilt werden. Das, so meinen Fachleute, sei ja auch nicht gerade praktikabel.