Witten. . Dr. Ausbüttel & Co. GmbH will am Fuße der Halde neu bauen – und stößt dabei auf Kritik aus Annen.Verbandsmittelhersteller platzt auf der anderen Seite der Herdecker Straße aus allen Nähten.
„Wir leben davon, dass Blut fließt.“ Dieser Gesprächseinstieg von Stephan Kohorst (46) mag flapsig erscheinen. Doch trifft er den Kern: Denn die Annener Dr. Ausbüttel & Co. GmbH, kurz Draco, verdient ihr Geld mit Verbandsmitteln: Spezialauflagen für chronische Wunden wie beim diabetischen Fuß. Bei den bunten Augenpflastern für schielende Kinder ist Draco Marktführer – jedes zweite kommt aus Witten.
Die Geschäfte laufen gut. Das von Kohorsts Großvater in den 1920er Jahren in Dortmund gegründete und nach dem Krieg nach Annen umgesiedelte Unternehmen verzeichnete zuletzt ein jährliches Umsatzwachstum von 20 Prozent. 2003 waren es noch 33 Mitarbeiter an der Herdecker Straße, heute sind es 90 plus 20 Außendienstler. Dass „wir hier aus den Nähten platzen“ (Kohorst) ist angesichts der geduckten Nachkriegsbaracken augenfällig. Der Chef residiert mit einem Dutzend weiterer Mitarbeiter in zusätzlich aufgestellten Bürocontainern.
Deshalb will Draco auf der anderen Straßenseite neu bauen. Die in jüngster Zeit laut gewordene Kritik stuft Kohorst eher als Einzelstimmen ein. Er verweist auf die breite Unterstützung des Projektes von Seiten der Stadt und der Politik – im Ausschuss hatte es nur eine Gegenstimme (Linke) gegeben. „Wir sind kein Fremdkörper in Annen“, sagt Kohorst. Er erinnert an das breit gefächerte soziale Engagement des Unternehmens und der Mitarbeiter. Draco finanziert auch einen Stiftungslehrstuhl an der Uni Witten.
Bauplatz am Fuß der Annener Halde
Die Auslegung des Bebauungsplans endete am 24. Januar. Die Stadt wird jetzt die eingegangenen Anregungen abwägen und dem Rat einen Vorschlag machen. Die Firma Draco will in diesem Jahr mit dem Bau beginnen. Kosten: 4 bis 5 Mio. Euro.
Auf dem alten Zechengelände, zuletzt Parkplatz, werden alte Luftschutzschächte aufgebrochen und verfüllt. Da weitere Schächte entdeckt wurden, dauern die Arbeiten länger als geplant. Zwei Bäume wurden gefällt – auch Sicherheitsgründen, so die Stadt. Vorher habe es die vorgeschriebene Begehung durchs Grünflächenamt gegeben.
Außerdem machten offenbar Fehlinformationen die Runde. Der Neubau am Fuße der Annener Halde werde kein „Logistikzentrum“, das rund um die Uhr Lkw-Verkehr verursache. Im Erdgeschoss werden Lager, Empfang und Technik, in der 1. Etage Labor, Konferenzräume und Büros und in der 2. Etage weitere Büros untergebracht. Woher der zusätzliche Verkehr kommen solle, könne er nicht nachvollziehen, so Kohorst: Die Mitarbeiter wechselten nur die Straßenseite. In der Wittener Zentrale („wir zahlen die Gewerbesteuern natürlich auch hier“) wird weiter entwickelt, sitzen Vertrieb und Marketing. Die Produktion („zu 95 % in Deutschland) war und bleibt ausgelagert. Mit der Verpackung werden gut 250 Menschen in Behindertenwerkstätten in Witten und Umgebung beschäftigt. Der Großteil der Logistik erfolge direkt zwischen diesen Adressen und zwei Speditionen in Dortmund und Bochum. Mit höchsten zehn Lkw-Fahrten täglich, die schwersten mit 7,5-Tonnern, sei zu rechnen.
Aus dem alten Standort werde man zunächst komplett ausziehen. Aber man werde ihn nicht veräußern oder dort Wohnungen bauen. „Das alte Grundstück ist unsere Option für die Zukunft“, so Stephan Kohorst. Vielleicht platzt ja auch der neue Standort eines Tages wieder auch den Nähten.