Witten. . Vor einem Jahr war den „Ruhrtal Engeln“ das alte Domizil gekündigt worden – am Montag feierte die Küche für bedürftige Kinder Premiere. Ein Besuch in der Annenstraße 83

Bei den „Ruhrtal Engeln“ ist wieder Dampf zwischen Kühlschrank und Ofen: In der neuen Heimat der Küche für bedürftige Kinder und Jugendliche wurde am Montag erstmals an der Annenstraße 83 der Herd angeschmissen nachdem dem Verein vor einem Jahr die alten Räume gekündigt worden waren.

Das neue Zuhause ist einladend hell, die Wände sind frisch gestrichen, eine blaue Sitzbank im Essraum lädt zum Verweilen ein, die beige Küche blitzt, die Schränke sind gefüllt mit Reis und Nudeln, auf der Arbeitsplatte stehen Äpfel und Bananen bereit, am Dienstag kommt der ersehnte Kühlschrank. Vereinsvorsitzender Hans-Peter Skotarzik, der Mann mit Wikingerbart, rundem Bauch und Herz für Kinder, ist angesichts der großen Spendenbereitschaft, aber klammen Vereinsbeutels glücklich und bescheiden.

Im alten Domizil, einer umgebauten Lagerhalle 600 Meter weiter, gab es weniger Fenster, die Küche war selbst zusammengezimmert, der Essraum nur halb so groß. „Uns geht es nicht um Schickimicki“, sagt er. Alles sehe jetzt sehr gut aus, „aber wichtiger ist uns, dass die Einrichtung zweckmäßig ist“. Es gibt nun eine behindertengerechte Toilette, die Türen sind breiter, damit Kinder im Rollstuhl hindurch kommen und die Höhe der Arbeitsplatte und der Geräte ist niedrig.

Unternehmer halfen bei Einrichtung

Zur Premiere gibt’s Rührei mit Brot. „Für den ersten Tag wollten wir etwas machen, was schnell geht“, sagt Hans-Peter Skotarzik. „Wir wissen ja vorher nicht, wie viele Kinder kommen.“ Heute ist es nur Lena. Die Neueröffnung müsse sich erst rumsprechen, meint der 53-Jährige. Dafür ist die neunjährige Erlenschülerin umso eifriger bei der Sache, schnippelt Paprika, verteilt Teller. „Mir macht’s Spaß, wenn ich hier kochen kann und wenn wir alle zusammen essen.“ Beinahe hätte es das alles nicht mehr gegeben.

Hans-Peter Skotarzik: Erst Trinkhalle, dann Hilfe für Kinder

Die Ruhrtal Engel tragen sich nur durch Spenden, trotzdem hat Vereinschef Hans-Peter Skotarzik ein beachtliches Angebot für bedürftige Kinder und Jugendliche aus den Nachbarschulen ins Leben gerufen.

Dazu gehört nicht nur das Essen – übrigens montags bis freitags von 12 bis 15 Uhr, nicht mehr zweimal die Woche. Nach dem Essen gibt es auch eine Hausaufgabenbetreuung. Und: „Dienstags gehen wir mit den Kindern in den Garten, mittwochs ist gemeinsamer Kochtag“, weiß Angela Surmann (53), eine der ehrenamtlichen Helferinnen. „Wir wollen, dass die Kinder nicht nur wissen wie ein Kohlrabi aussieht, wenn er auf dem Teller liegt, sondern auch, wenn er geerntet wird“, so Hans-Peter Skotarzik, der auf weitere Freiwillige Helfer hofft.

Der gelernte Bauschlosser aus Wanne-Eickel betrieb früher zwei Trinkhallen, statt in seinem Beruf zu arbeiten. 2007 gründete er die Ruhrtal Engel. „In allen Nachbarstädten gab es so ein Angebot“, sagt er. „Nur in Witten nicht.“ Informationen: www.ruhrtalengel.de

Es war fast genau vor einem Jahr, als Hans-Peter Skotarziks Telefon klingelte. „Die Vermieterin sagte, sie habe eine schlechte Nachricht.“ Die hieß: Kündigung. Das Aus nach sechs Jahren Ruhrtal Engeln? Die Suche nach einem neuen Raum und Sponsoren begann. Und der engagierte Wittener wurde fündig: An der Annenstraße 83, dort, wo früher ein Trekkinggeschäft, danach eine Ausstellung beheimatet war, konnte das neue Zuhause des Vereins entstehen. Seit August wurden neue Wände gezogen, meterweise Kabel und Rohre verlegt, zwei große Heizungen installiert, ein Spielzimmer eingerichtet. „Allein Wände, Decke und Elektrik hätten 45 000 Euro gekostet“, weiß Skotarzik. Übernommen hätten das zum Glück Wittener Unternehmer. „Sonst hätten wir das nicht stemmen können.“

Gegen 14 Uhr ist das Rührei mit Paprika fertig, dazu gibt’s Gurken und Brot. Lena nimmt Platz und greift beherzt zu. Nach dem Essen geht’s rüber ins Spielzimmer zum Lesen. So schnell kann man sich an die neue „Heimat“ gewöhnen.