Witten. .
„Werden wir das nächste Duisburg?“ Angesichts der bevorstehenden Schließung des ehemaligen ISE-Standorts (heute Metalsa) am Rhein machen sich auch die Kollegen in Witten große Sorgen - obwohl sie erst einmal von dem Aus des Automobilzulieferers in Duisburg profitieren könnten.
Denn die Aufträge, die in Duisburg nicht mehr bearbeitet werden, gehen nach Witten - wie auch Maschinen, die in Duisburg bereits ab- gebaut wurden. Das drohende Aus für Duisburg mit 140 Kündigungen kommt nicht überraschend. Was Ängste und Unsicherheit in Witten schürt: Niemand weiß, wie es hier langfristig weitergehen soll. Betriebsratsvorsitzender Gregor Piotrowski (53): „Die Kollegen sehen die Zukunft kritisch, weil keine neuen Aufträge kommen, die wir dringen bräuchten.“
Durch die Verlagerung aus Duisburg - gerade von Aufträgen für BMW - gibt es zwar sichere Arbeit für die nächsten zwei, drei Jahre an der Westfalenstraße. Doch was der Belegschaft fehlt, sind Perspektiven. Piotrowski: „Was haben die mit uns vor, wohin geht die Reise?“
In einer Mitarbeiterinformation kündigt die Geschäftsführung von Metalsa Automotive einen sozialverträglichen Personalabbau infolge von „organisatorischen Änderungen“ an. Davon sind knapp 80 Beschäftigte betroffen, ein Großteil in der Verwaltung in der Zentrale in Bergneustadt, wo es gerade die IT-Abteilung hart treffen soll, so der Wittener Betriebsrat.
Der hiesige Standort, wo die Produktion nicht berührt sein soll, komme wohl noch mal mit einem blauen Auge davon. Allerdings könnte es rund 20 Beschäftigte in Vertrieb, Entwicklung und Einkauf treffen. Genaues wisse man noch nicht. Witten hat noch 310 Beschäftigte. 50 gingen nach dem Interessenausgleich im vorigen Jahr.
Der neue Eigentümer aus Mexiko, der das 2001 und 2007 insolvente Unternehmen in diesem Jahr von Finanzinvestor Northwind Capital übernahm, will Kosten einsparen. Die Personalausgaben seien zu hoch, deshalb gebe es keine neuen Aufträge, argumentiere die Geschäftsführung, so der Betriebsrats. Im neuen Jahr solle wieder über einen Interessenausgleich verhandelt werden.
Der nach der letzten Insolvenz 2008 aufgelegte Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BTV) ist 2012 ausgelaufen. Fünf Jahre lang leisteten die Mitarbeiter in Witten 37 statt 35 Wochenstunden ohne Lohnausgleich, verzichteten auf die Hälfte des Weihnachts- und Urlaubsgeldes. Im Gegenzug wurden Investitionen und der Erhalt der Arbeitsplätze zugesichert.
In Duisburg laufen 95 Kündigungsschutzverfahren. Nach Witten wechseln will kaum einer. Vorm Arbeitsgericht geht es auch um eine Rückerstattung der Beträge, die die Belegschaft im Zuge des BTV erbrachte - laut Anwalt Christian Nohr im Schnitt 20 000 Euro pro Kopf. Denn der Arbeitgeber habe nicht wie versprochen in einer Anlage dargelegt, wie viel genau investiert wird. „Die Wittener Kollegen gucken sich genau an, was wir machen“, so Nohr. Ein Mitarbeiter aus Duisburg sieht langfristig auch für Witten schwarz. Sein Rat an die Kollegen: „Nehmt eine Abfindung, bevor nix mehr da ist.“