Über 2000 registrierte „Einbrüche“ gibt es in der Mutterstadt desRuhr-Kohlebergbaus. Auch wenn seit 2011 keiner dazukam, die Gefahr bleibt.

Witten ist von den Auswirkungen der am Essener Hauptbahnhof entdeckten Tunnelbauten aus alten Bergbauzeiten nur indirekt betroffen – ICE-Reisende müssen weiterhin bei vielen Verbindungen ohne die Haltepunkte Essen und Bochum auskommen und können oft erst in Gelsenkirchen einsteigen. Mit Tagesbrüchen, also unterirdischen Hohlräumen, bei denen die Decke einfällt und die so ans Tageslicht kommen, kennt man sich in der Mutterstadt des Kohleabbaus an der Ruhr jedoch bestens aus.

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Über 2000 Tagesbrüche sind in Witten seit dem Jahr 1900 registriert, so Andreas Berg von der Stabsstelle Umwelt im Rathaus. Den vorerst letzten Bruch gab es im Winter 2010/2011 auf dem Waldweg neben der Straße Am Herrenbusch im Stadtteil Vormholz, Erbe einer alten Kleinzeche aus den Anfangstagen des Schürfens nach dem schwarzen Gold.

Seitdem ist kein weiterer „Einbruch“ in Witten dazugekommen, der große Tagesbruch 2012 unter der A 45 am Autobahnkreuz Dortmund/Witten lag auf dem Gebiet der Nachbarstadt. Ein Grund zur Entwarnung scheint dies jedoch keinesfalls. „Weniger wird uns das Thema in Zukunft nicht beschäftigen“, ist Berg überzeugt.

Viele der damals eingesetzten Sicherungen, zum Beispiel das für sich sehr dauerhafte Grubenholz zum Ausbau der Strecken, können in den Feuchtgebieten unter Tage eben erst nach Jahrzehnten nachgeben, so Berg. Vielleicht ist es bereits morgen wieder einmal so weit, denn der Winter ist die Hochsaison für den gemeinen Tagesbruch. Berg: „Aufgrund der stärkeren Niederschläge werden in dieser Jahreszeit die zusammenhaltenden Staub- und Erdpartikel eher ausgeschwemmt.“

Allerdings wird in den vergangenen Jahren auch gezielt nach unverfüllten Hohlräumen im Erdreich gesucht. 200 von 1800 alten Schachtanlagen stufte die für den Bergbau zuständige Bezirksregierung Arnsberg Ende 2011 als unsicher ein, 20 noch ein Stufe weitergehend als „risikobehaftet“. Dazu kommen die Gefahren durch nicht registrierte „wilde“ Schächte, zum Beispiel aus der Not-Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Probebohrungen gehören deshalb heute zum Standardprogramm bei größeren Baumaßnahmen, so beispielsweise bei der aktuellen Erweiterung der Straßenbahnlinie 310. Hier reiht sich stellenweise im Untergrund Flöz an Flöz.

Im Rahmen der vorbeugenden Gefahrenabwehr ließ die Bezirksregierung vor einem Jahr an der Straße Waldegge für 300 000 Euro Beton in alte, unsachgemäß aufgefüllte Schächte einer Kleinzeche fließen. Gleich eine halbe Million Euro „Beton-Gold“ investierte die Stadt in die Standfestigkeit des Untergrunds am Sportpark Erlenbruch. Es wird wohl nicht die letzte gewesen sein.