Witten. . Weltweit haben sich die Todesfälle Jugendlicher durch Aids seit 2011 fast verdreifacht. Auch im Ennepe-Ruhr-Kreis ist die Immunschwächekrankheit ein Thema. Interview mit der Aids-Beraterin Claudia Schonheim
Die Weltgesundheitsorganisation schlägt Alarm: Die Zahl der Todesfälle bei Jugendlichen durch Aids hat sich seit 2001 weltweit fast verdreifacht. Auch in Witten ist die Immunschwächekrankheit ein Thema. In die Beratungsstelle am Schwanenmarkt kommen im Schnitt 50 Menschen pro Monat, die positiv sind oder den Verdacht haben, sich angesteckt zu haben.
Haben die Infektionen bei Jugendlichen hier auch zugenommen?
Claudia Schonheim: Das kann ich nicht bestätigen. Auffällig ist aber: In Deutschland hat die Zahl der mit HIV-lebenden Personen um die 40 zugenommen.
Hat sich der Umgang Jugendlicher mit Sex verändert?
Natürlich haben Jugendliche heutzutage viel eher als früher Zugang auch zu harten Pornos durch Computer und Smartphones. Und das hat auch eine Wirkung. Aber die ist nicht so dramatisch wie es oft dargestellt wird. Und wenn sich die Jugendlichen verlieben, sind die Gefühle dieselben wie früher.
Kommen Jugendliche auch zu Ihnen in die Beratung?
Das sind eher Erwachsene um die 20. Deshalb gehen wir dieses Thema intensiv an und haben anlässlich des Weltaidstages in Kooperation mit Pro familia an den Berufskollegs des Kreises Theaterveranstaltungen zum Thema HIV und Aids. Dort klären wir dann auch über unsere Angebote auf.
Wissen junge Leute, wie man sich ansteckt?
Wir merken schon, dass noch Bedarf da ist. Jugendliche werden immer früher über Sex aufgeklärt. Wenn sie dann sexuell aktiver werden, kommen neue Fragen auf.
Therapien werden immer besser. Glauben viele jetzt, Aids sei heilbar?
Eigentlich wissen die Menschen, dass Aids nicht heilbar ist. Aber wenn es in den Medien heißt, dass durch ein neues Medikament die Viruslast stark gesenkt wurde, und es dann so dargestellt wird, dass der Patient praktisch geheilt sei, gibt das einen falschen Eindruck.
Wie lange kann man denn heutzutage mit HIV überleben?
Wenn die Infektion früh erkannt und schnell behandelt wird und wenn die Medikamente regelmäßig genommen werden, dann haben Betroffene eine Lebenserwartung wie andere chronisch erkrankte Menschen. Aber die Medikamente haben natürlich Nebenwirkungen.
Jährlich zehn Neuinfektionen im Kreis
In Deutschland leben 78 000 Menschen mit HIV und Aids, 80 Prozent sind Männer. Für NRW geht das Robert-Koch-Institut von 18 000 aus, 110 starben 2011 an Aids. Im Kreis kommt es laut Kreisgesundheitsamt jährlich zu ca. zehn Neuinfektionen.
Die Aids-Beratung (Schwanenmarkt 5-7) ist dienstags von 14-15.30 Uhr oder nach Termin ( 92 22 78) erreichbar.
Welche?
Sie können Depressionen verursachen, aber auch Müdigkeit, Übelkeit, Durchfall, Muskel- und Kopfschmerzen oder Hautausschläge.
In der neuen Plakatkampagne stehen nicht Infizierte an der Seite von Infizierten. Gehen die Menschen entspannter mit HIV um?
Ich gehe davon aus, dass eine Infektion immer noch ein Stigma, ein Schandmal, ist. Natürlich gibt es viele aufgeklärte Menschen, aber es gibt eben auch Menschen, die immer noch denken, sie könnten sich durch Händeschütteln oder Trinken aus demselben Glas anstecken.
Interview: Claudia Scholz